Gemeinsam mit Vater Immanuel und Bruder Oskar-Emil baut Alfred Nobel in Stockholm ein Familienunternehmen auf, das mit Nitroglycerin experimentiert. Die Arbeit mit dem hochexplosiven Sprengstoff ist wie erwartet kein leichtes Unterfangen. Doch schon 1861 gelingt der erste Erfolg: Die Nobels schaffen es, das „Sprengöl“ in großtechnischem Maßstab herzustellen.
Das ursprüngliche Problem aber bleibt: Die metastabile Substanz kann durch kleinste Erschütterungen und Stöße explodieren. Ein Transport auf den üblichen Wegen mit Güterzügen oder Pferdegespannen ist somit äußerst riskant. Hinzu kommt, dass sich die Flüssigkeit – anders als das sonst verwendete Schwarzpulver – nicht einfach über eine Zündschnur kontrolliert zur Detonation bringen lässt.
Eine zündende Idee
Für die Explosion von Nitroglycerin braucht es einen kurzen Stoß. Wie aber kann so ein Schlag aus sicherer Entfernung ausgelöst werden? Nobel kommt schließlich die im wahrsten Sinne des Wortes zündende Idee. Er entwickelt einen kleinen Behälter, den er in ein Sprengloch mit Nitroglycerin hängt und mit Schwarzpulver füllt.
Über eine Zündschnur kann diese Substanz zur Explosion gebracht werden – und durch die dabei entstehende Druckwelle explodiert dann auch das darunterliegende Nitroglycerin: Nobel hat die Initialzündung erfunden. Sein Behälterchen nennt er zunächst Patentzünder. Später verwendet er Knallquecksilber statt Schwarzpulver und gibt der Vorrichtung den Namen Sprengkapsel.
Tragischer Unfall
Stoßempfindlich allerdings bleibt das Nitroglycerin weiterhin. Wie gefährlich diese Eigenschaft ist, wird Nobel bald schmerzlich in Erinnerung gerufen. An einem Septembermorgen im Jahr 1864 schreckt ein lauter Knall die Anwohner im Süden Stockholms auf. Auf dem Anwesen der Nobels ist ein Laborgebäude, in dem 125 Kilogramm des Sprengstoffs gelagert waren, in die Luft geflogen. Die Explosion kostet fünf Menschen das Leben – auch Nobels jüngerer Bruder stirbt.
Trotz allem forscht der Chemiker unermüdlich weiter und expandiert ein Jahr nach dem tragischen Unfall nach Deutschland. Dort boomt gerade der Bergbau und die Ausweitung des Bahnschienennetzes hat Hochkonjunktur – gute Voraussetzungen für den Verkauf des Nobel’schen Sprengöls.
Die überfällige Entdeckung
Noch ohne eine Lösung für das Transportproblem baut Nobel eine Fabrik im Geesthachter Ortsteil Krümmel auf. Doch auch dort kommt es im Mai 1866 zu einer verheerenden Explosion. Kurz zuvor ist bereits ein Dampfer mit der explosiven Fracht vor Panama in Flammen aufgegangen. Von Öffentlichkeit und Gesetzgebern wird nun zunehmend Druck ausgeübt: Die Zerstörungskraft von Nitroglycerin muss endlich kontrollierbar werden.
Im selben Jahr macht Nobel die Entdeckung seines Lebens. Er erkennt: Vermischt mit Kieselgur, einem Pulver aus den Schalen mariner Kleinstlebewesen, wird das Nitroglycerin zu einer formbaren Masse, die sich problemlos transportieren lässt. Der Legende nach ist es ein Zufall, der ihm zu dieser Entdeckung verhilft. Nobel selbst bestreitet das jedoch.
Vom Dynamit zur Sprenggelatine
Fakt ist: Nobel nennt seinen neuen Sprengstoff, abgeleitet von dem griechischen Wort für Kraft, Dynamit und meldet ihn 1867 in vielen Ländern zum Patent an. Die neue Substanz wird zu einem großen Erfolg. Doch Nobel ist noch nicht zufrieden. Zwar hat er das Nitroglycerin mithilfe von Kieselgur sicherer gemacht. Dadurch hat es aber auch einen Teil seiner ursprünglichen Sprengkraft eingebüßt – wenngleich es noch immer fünfmal stärker als Schwarzpulver ist.
Die Lösung für dieses Problem findet Nobel schließlich im Jahr 1876: Statt mit Kieselgur vermischt er das Nitroglycerin mit Kollodiumwolle. Das Ergebnis ist ein stoßunempfindlicher wie explosionsstarker Dynamitsprengstoff: die Sprenggelatine. Bis heute ist diese Weiterentwicklung des ursprünglichen Dynamits einer der stärksten gewerblichen Sprengstoffe.