Das Jahr 2017 begann für uns alle mit einem Tag, der um eine Sekunde verlängert war – diese zusätzliche Schaltsekunde war nötig, um die Weltzeit, die durch genau gehende Uhren repräsentiert wird, wieder in Takt zu bringen mit der Erdrotation und damit dem Wechsel von Tag und Nacht. Denn Erde rotiert zum einen nicht völlig gleichmäßig, weil Massenverschiebungen auf die Drehgeschwindigkeit Einfluss haben. Zum anderen nimmt die Tageslänge kontinuierlich zu, weil die Gezeitenreibung die Rotation bremst.
Während der natürliche Tagesrhythmus ausschlaggebend für unser Zeiterleben ist, sind Menschen zugleich bestrebt, immer genauer gehende Uhren zu bauen. In einer Pendeluhr nutzt man die Erkenntnis aus, dass die Schwingungsperiode eines Pendels von dessen Länge, aber nicht von der Schwingungsweite abhängt, und realisierte so die Zeiteinteilung in Sekunden in einem eigens hierfür gebauten Apparat.
Referenzen für unsere Zeitmessung
Als Einheit war die Sekunde auf den periodischen Wechsel von Tag und Nacht bezogen und wurde zunächst definiert als der 86.400ste Teil eines mittleren Sonnentages. Im Jahr 1967 wurde international vereinbart, die Dauer einer Sekunde nicht mehr durch die Tageslänge festzulegen, sondern über die Schwingung eines Mikrowellensignals, welches in einer Atomuhr entsteht.
Seit 1978 kommt das für das öffentliche Leben maßgebliche Zeitsignal von einer solchen Atomuhr der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig (PTB) und wird in der Nähe von Frankfurt für den Empfang mit Funkuhren ausgesandt. Wie aber kann man sich sicher sein, welcher periodische Vorgang das „richtige“ Verstreichen der Zeit anzeigt?
Die Zeit vergeht auch ohne uns
„Selbst, wenn das Stundenglas zerspringt, wenn in der Dunkelheit kein Licht mehr auf die Sonnenuhr fällt, wenn die Hauptfeder so weit abgelaufen ist, dass die Uhrzeiger stillstehen wie der Tod – die Zeit selbst geht weiter. Bestenfalls zeigt die Uhr dieses Fortschreiten an. Und da die Zeit nur ihre eigene Geschwindigkeit kennt, so wie der Herzschlag oder der Rhythmus der Gezeiten, enthalten Uhren die Zeit nicht. Sie halten nur Schritt mit ihr – wenn sie können“. So beschreibt die Autorin Dava Sobel in ihrem Buch „Längengrad“ das Wesen der Zeit.
Die Zeit nimmt ihren Gang, unabhängig davon, ob jemand sie misst oder nicht. Das ist zunächst nichts Außergewöhnliches. So war beispielsweise auch der Raum war schon vorhanden, bevor die Längeneinheiten erfunden wurden. Dennoch ist unser Erleben dieser beiden Begebenheiten unterschiedlich, denn während der Raum einfach gegenwärtig ist und keine ausgezeichnete Richtung besitzt, entwickelt sich die Zeit in immer nur eine Richtung voran.
Roger Erb / Forschung Frankfurt
Stand: 14.07.2017