Die Dunkelreaktion, oder lichtunabhängige Reaktion, trägt ihren Namen, weil sie nicht direkt auf Licht angewiesen ist. Sie folgt unmittelbar auf die Lichtreaktion und nutzt deren Produkte zur Herstellung des eigentlichen Zielmoleküls: dem Einfachzucker Glucose.
Dazu bindet die Pflanze zunächst Kohlenstoffdioxid aus der Luft. Dieses wird dann in einem mehrstufigen Zyklus mit Hilfe der Energie der ATP-Einheiten, den Elektronen des NADPHs und der passenden molekularen Maschinen zu Glucose umgebaut. Diese komplexe Reaktionsfolge der Dunkelreaktion ist nach ihrem Entdecker unter dem Namen Calvin-Zyklus bekannt.
Evolutionärer Fehlgriff
Die Bindung des Kohlenstoffdioxids gelingt der Pflanze mit dem Enzym Rubisco (Ribulose 1,5 bisphosphatcarboxylase/oxygenase), welches als Paradebeispiel für eine evolutionäre Sackgasse gilt. Denn es ist nicht nur um ein Vielfaches langsamer als andere Enzyme, es greift auch oft daneben: Jedes vierte bis fünfte Mal nimmt es statt eines CO2-Moleküls ein Sauerstoffmolekül und verarbeitet es zu hinderlichen Nebenprodukten. Damit diese den komplexen Calvin-Zyklus nicht stören, muss die Pflanze den Fehler mit aufwändigen Extra-Reaktionen korrigieren.
Dass Rubisco so fehleranfällig ist, liegt an seinem „Alter“: Das Enzym stammt noch aus einer Zeit, in der die Atmosphäre nahezu frei von Sauerstoff war. Es gab also keine Notwendigkeit, Sauerstoff-Moleküle spezifisch auszuschließen. Erst dem zunehmenden O2-Gehalt in der Luft durch den Siegeszug der Pflanzen wurde dies zu einem Problem. Doch da war Rubisco längst in allen Pflanzen verbreitet. Um trotz der schlechten Leistung von RuBisCO ausreichend CO2 zu binden, produzierten diese zum Ausgleich enorme Mengen des Enzyms.
„Offenbar ist Rubisco in eine evolutionäre Falle geraten“, sagt Ulrich Hart vom Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried gegenüber der Süddeutschen Zeitung. „Daraus könnte es nur ausbrechen, wenn gleichzeitig mehrere Mutationen in Rubisco und den Hilfsstoffen passieren, die für seinen Zusammenbau nötig sind. Jede einzelne dieser genetischen Veränderungen wäre nachteilig, nur zusammen gäbe es einen Vorteil.“ Die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Enzym durch natürliche Evolution an die sauerstoffreichen Bedingungen anpasst, war und ist also verschwindend gering.
Trotz kleinem Wirkungsgrad unerreicht
Am Ende der Kaskade an Reaktionen aus Licht und Dunkelreaktion hat die Pflanze aus Sonnenlicht nutzbare Biomasse produziert. Der Gesamtwirkungsgrad ist dabei eher gering, nicht nur wegen der „schlechten“ Leistung von Rubisco: Von der auftreffenden Sonnenenergie werden über Licht- und Dunkelreaktion letztlich nur etwa fünf Prozent in Form von Zucker oder anderen Kohlenhydraten wie Stärke gebunden.
Den Hauptteil der Lichtenergie kann die Pflanze gar nicht erst aufnehmen, weil trotz des ausgeklügelten Lichtsammelkomplexes nur etwa 40 Prozent des einfallenden Sonnenlichtes absorbiert werden. Weitere Einbußen kommen durch Wärmeabgabe und Stoffwechselvorgänge zustande. Zu letzterem gehören auch die energieintensiven Reaktionen zur Beseitigung der Nebenprodukte, die durch fälschliche O2-Aufnahme von Rubisco anfallen. Nichtsdestotrotz bleibt die Fotosyntheseleistung der Pflanzen bisher unerreicht. Doch die Forschung ist ihnen auf den Fersen.
Christian Lüttmann
Stand: 28.04.2017