Weniger offensichtlich als die Großbauten der Webervögel, aber nicht minder beeindruckend, sind die Werke eines der bekanntesten Vertreter der Insekten: der Ameise. Dies liegt aber lediglich daran, dass die Baumeister selbst sehr klein und ihre Konstruktionen zumeist im Erdreich verborgen sind. Doch mit Staaten von mehreren Millionen Tieren stellen ihre Mega-Cities die WGs der Webervögel bei Weitem in den Schatten.
Ausgrabung einer Millionenmetropole
Ein besonders beeindruckendes Exemplar einer solchen unterirdischen Stadt haben Forscher vor einigen Jahren in Brasilien entdeckt. Sie füllten den verlassenen Bau einer Blattschneider-Ameisen-Kolonie mit Zement und legten in tagelanger Fleißarbeit das gewaltige Konstrukt frei. Zum Vorschein kam ein Netzwerk aus Kammern und Gängen, das sich über eine Fläche von 46 Quadratmetern erstreckt und fast acht Meter in die Tiefe reicht.
Die nur wenige Zentimeter großen Ameisen haben im Laufe der Zeit etwa 40 Tonnen Erdreich ausgegraben, wie die Forscher berichten. In menschliche Maßstäbe übersetzt hätte ein einzelner Bauarbeiter dafür regelmäßig mehrere hundert Kilo Schutt aus den hintersten Winkel einer unterirdischen Baustelle über 800 Meter weit an die Oberfläche schleppen müssen, wieder und wieder.
Highways und Gewächshäuser
Doch nicht nur die Bauleistung und Größe des Nestes sind beeindruckend: Der Untergrund-Staat kann auch mit einer komplexen Infrastruktur aufwarten. Größere Gänge verbinden wie Highways die Hauptkammern, während zahlreiche „Nebenstraßen“ in entlegenere Bereiche des Ameisennestes führen. Alles ist optimiert für möglichst kurze Transportwege und eine ausreichende Belüftung bis in die hintersten Winkel des Netzwerks.
Ein artspezifisches Prachtstück der Blattschneiderameise sind ihre Pilzgärten. Dort betreiben die Städtebauer sozusagen Landwirtschaft, indem sie Blätter, Stängel und anderes Pflanzenmaterial in die Gewächshäuser ihres Baus tragen und damit Pilze züchten. Bei den Blattschneiderameisen dienen die Pilze als Nahrung. Eine andere Ameisenart in Südamerika nutzt das Geflecht eines Pilzes hingegen zur Verstärkung ihrer Tunnel, vergleichbar mit dem menschlichen Einsatz von Stahlgerüsten beim Tiefbau.
Christian Lüttmann
Stand: 24.03.2017