Als der heute weltbekannte Naturforscher und Tierfilmer Bernhard Grzimek Anfang der 1950er Jahre auf der Suche nach Tieren für den Frankfurter Zoo zum ersten Mal nach Afrika kam, war er begeistert und entsetzt zugleich. Die riesigen Gnu-, Zebra- oder Antilopenherden und ihre Wanderungen speziell in die Serengeti und im angrenzenden Ngorongoro-Gebiet faszinierten ihn. Sie beflügelten aber auch seinen Forscherdrang. Er wollte unbedingt mehr über die Tiere und ihr Verhalten in Erfahrung bringen.
Fassungslos dagegen machte ihn das „Abschlachten“ besonders von Elefanten oder Nashörnern durch Wilderer, nur um an das lukrative, weil begehrte Elfenbein oder die Hörner zu gelangen. Grzimek war besorgt darüber, wie wenig Ansehen und Schutz die Wildtiere von Seiten der Regierungen in Afrika genossen. Er fürchtete, dass viele der Arten bald von der Erde verschwunden sein würden, wenn die Entwicklung so weiter ginge.
Grzimek beschloss deshalb in Europa über die grausamen Tiermorde aus Profitgründen und die besorgniserregende Entwicklung der Tierbestände zu berichten. Dabei entstanden unter anderem Filme wie „Kein Platz für wilde Tiere“ oder „Serengeti darf nicht sterben“, für den er sogar den Oscar erhielt. Ziel war es nicht nur die Öffentlichkeit auf das Problem aufmerksam zu machen, sondern auch Spendengelder zu sammeln und diese zumindest teilweise in Projekte zum Schutz von Elefant, Nashorn & Co zu stecken.
Mit dem Gewinn aus ihren ersten Dokumentarsendungen und Büchern finanzierten Grzimek und sein Sohn Michael eigene Forschungen. So untersuchten sie im Rahmen der Vorbereitung für das Projekt „Serengeti darf nicht sterben“ aus der Luft und zu Lande zum ersten Mal ausführlich die Zugbewegungen der Millionen Köpfe zählenden Gnu- und Zebraherden.
Koexistenz von Mensch und Wildtieren
Dies brachte nicht nur eine Fülle an neuen Ergebnissen für die Wildtierforschung, es führte auch zu konkreten Veränderungen bei den wenigen bereits bestehenden Nationalparks. So waren Grzimeks Forschungsresultate entscheidend an der Entstehung des Ngorongoro Schutzgebiets im Jahr 1959 beteiligt.
Bis dahin gehörten der Krater und sein Umland zwar schon zum bereits 1951 aus der Taufe gehobenen Serengeti Nationalpark. Aufgrund der von Grzimek ermittelten Tierbewegungen wurden dessen Grenzen durch die tansanischen Behörden 1959 jedoch neu festgelegt und nach Norden ausgedehnt. Gleichzeitig entstand die Ngorongoro Conservation Area (NCA) mit eigenen Regeln und einer eigenen Verwaltung.
Koexistenz von Mensch und Natur – dies ist das Motto, auf das tansanische Politiker, Umweltschützer und Wissenschaftler seitdem setzen, um das einzigartige Ökosystem Ngorongoro auf Dauer zu erhalten und eines der letzten Tierparadiese vor dem Untergang zu bewahren. Anders als im nahegelegenen Nationalpark Serengeti, wo keinerlei Nutzung außer dem (Foto-)Tourismus möglich ist, leben in der Ngorongoro Conservation Area (NCA) aber Menschen und sie dürfen dort auch Landwirtschaft betreiben.
Diese Regelung berücksichtigt das uralte „Heimatrecht“ des Massai-Volkes, das bereits seit mehreren Hundert Jahren in der Region als Nomaden umherzieht. Seite an Seite mit gefährlichen Raubkatzen wie Löwen, Geparden oder Leoparden weiden sie auf den Savannen rund um den Ngorongoro-Krater ihr Vieh und sorgen so für ihren Lebensunterhalt.
Stand: 18.11.2005