Die bisherigen Klimaprognosen, die meist als globale Mittelwerte angegeben werden, sind noch viel zu undifferenziert, um für einzelne Wuchsgebiete oder gar Bestände Aussagen über Anpassungsanforderungen an Waldbäume zu erlauben. Auf diesen Ebenen muss aber die forstliche Praxis ihre Entscheidungen zur Verjüngung von Wäldern treffen. Die heute aufzuforstenden Bestände sind zudem für Zeiträume konzipiert, die weit über den Prognoserahmen hinausreichen. In dieser Situation gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten.
Gebiete mit relativ sicheren Prognosen
Für Regionen, in denen sich das künftige Klima hinreichend sicher prognostizieren lässt, empfiehlt sich Pflanzenmaterial, dessen Angepasstheit an die erwarteten Bedingungen in so genannten Herkunftsversuchen geprüft ist. Hierbei werden aus dem Saatgut bestimmter Regionen Pflanzen angezogen und in verschiedenen Klimaregionen angepflanzt. Ihr Wuchsverhalten wird über Jahre verfolgt.
Solche Versuche sind für wichtige Baumarten europaweit in mehreren Klimaregionen angelegt worden. Dabei fallen Herkünfte auf, die an bestimmten Stellen gut wachsen, an anderen hingegen nicht und solche, die eher unabhängig von den jeweiligen Klimabedingungen ein akzeptables Wachstum aufweisen. Erstere können als Spezialisten für definierte Bedingungen verwendet werden, letztere als Generalisten in Fällen größerer Unsicherheit der Prognose.
Gebiete mit unsicheren Prognosen
Wo die Prognosen unsicher sind, muss das Pflanzenmaterial möglichst anpassungsfähig sein. Die Angepasstheit an äußere Gegebenheiten, zum Beispiel an bestimmte Klimaparameter, ist im Erbgut verankert. Waldbäume haben durch den Beitrag des Vaters und der Mutter mindestens einen doppelten Chromosomensatz, können für jedes Gen also zwei Ausformungen (Allele) besitzen. Je mehr Gene mit verschiedenen Allelen sie haben, desto vielfältiger können sie auf Änderungen der Umwelt reagieren. Auf der Ebene von Populationen existieren oft mehrere verschiedene Allele je Genort, und um diese zu erhalten, sind entsprechend mehrere Bäume notwendig.
Umwelteinwirkungen führen zu genetischen Anpassungen der Populationen. Zwar vollziehen sich bei Waldbäumen Generationswechsel in langen Zeitspannen. Bei älteren, geschlechtsreifen Beständen aber wird fast jährlich eine Samengeneration erzeugt, aus der bei geeigneten waldbaulichen Bedingungen in großer Zahl Sämlinge entstehen, die durch Neukombination der Gene neue Genotypen mit neuen Eigenschaften aufweisen. Von diesen überleben diejenigen am besten, die besonders gut an die herrschenden Umweltbedingungen angepasst sind. Wie anpassungsfähig eine Population ist, hängt also wesentlich von der in dieser Population vorhandenen genetischen Vielfalt ab.
Regionen mit sehr unsicheren klimatischen Prognosen sollten daher Baumpopulationen mit hoher evolutiver Anpassungsfähigkeit aufweisen, damit sichergestellt ist, dass eine Anpassung in unterschiedliche Richtungen erfolgen kann.
Stand: 04.11.2005