Wir können den Tod zwar heute dank Medizin und besseren Lebensbedingungen hinauszögern, aber bezwingbar ist er nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft nicht.
Der menschliche Körper altert. Eigentlich ein evolutionsbiologisch unsinniger Prozess, da alte Körper nicht der Fortpflanzung und Arterhaltung dienen. Doch die Natur hat den Menschen mit einem „Überlebenspuffer“ ausgestattet, um sicher zu gehen, dass die Spezies auf alle Fälle fortbesteht. Er kann demnach länger leben als er müsste. Diesen Puffer schöpfen wir – zumindest in den industrialisierten Ländern – immer häufiger aus.
Doch auch wenn die Medizin alle Krankheiten heilen könnte, ist dem menschlichen Leben eine Grenze gesetzt, die es nicht überschreiten kann. Die Zellen können sich nicht unendlich oft teilen, sie unterliegen dem Verschleiß und die zellinternen Reparatursysteme funktionieren irgendwann nicht mehr optimal.
In Deutschland sterben heute die meisten Menschen an Herz-Kreislauferkrankungen oder Krebs. Krankheiten, die durch eine ungesunde Lebensweise begünstigt werden, aber auch Zeichen für das Nachlassen der Zellfunktionen sind. Gegen Arterienverkalkung, Tumore oder mehrfaches Organversagen kann auch die Medizin ab einem bestimmten Stadium nichts mehr ausrichten.
Betrachtet man den Tod aus biologischer Sicht, ist er eigentlich nichts Außergewöhnliches. Wichtige Zellen unseres Körpers erhalten zu wenig oder gar keinen Sauerstoff und sterben deshalb ab – sofern sie nicht durch Außeneinwirkungen, wie sie bei Unfällen vorliegen, direkt zerstört werden.
Nach und nach verlieren die Organe ihre Funktionsfähigkeit. Die Zellen des Gehirns sind am empfindlichsten und sterben bereits nach acht bis zehn Minuten. Danach folgen Herz (15 bis 30 Minuten) und Leber (30 bis 35 Minuten), die Lunge lebt noch etwa eine Stunde und die Niere bis zu zwei. Die Muskeln machen es auch ohne Sauerstoff noch über 8 Stunden und der Magen-Darm-Trakt arbeitet bis zu 24 Stunden weiter. Danach greifen die Verdauungssäfte die Zellen allerdings an und lösen sie auf. Bakterien machen sich schließlich daran, auch die letzten noch lebenden Zellen anzugreifen. Je nach Umgebung kann es sogar Tage dauern, bis alle Zellen abgestorben sind. Unter kühleren Bedingungen beispielsweise wird die Aktivität der Bakterien gehemmt.
Der Körper erkaltet pro Stunde um etwa ein Grad. Nach zwei bis sechs Stunden setzt die Totenstarre ein. In den Muskeln lagern sich saure Abbauprodukte ein und die Muskelfasern verhaken sich deshalb. Warum die Totenstarre sich nach bis zu zwei Tagen wieder löst ist noch ungeklärt. Auch an der Haut lassen sich Zeichen des Todes erkennen. Das Venennetz wird sichtbar und bläuliche Leichenflecken entstehen, weil das Blut im Körper nicht mehr zirkuliert und der Schwerkraft folgend absinkt. Im Laufe der Verwesung nimmt der Köper die verschiedensten Farben an: Von Violett über Grün bis hin zu Schwarz.
Durch die fortschreitende Verwesung entstehen Gase, vor allem Ammoniak, Kohlendioxid, Schwefelwasserstoff und Stickstoff, die den unangenehmen Geruch hervorrufen. der für viele den Ekel vor Leichen verursacht. Für viele ist dies die Hauptursache für die Berührungsangst mit Toten.
Wie ein Mensch das eigene Sterben erlebt, bleibt weitgehend ein Geheimnis. Im tibetischen Totenbuch „Bardo Thödol“ findet man hierzu eindrucksvolle Beschreibungen. Verschiedene buddhistische Lehrer haben im Sterben liegend ihren Schülern ihre Empfindungen diktiert. Sie beschreiben den Prozess wie eine Geburt in umgekehrter Richtung: Statt mit unseren Sinnen die Welt zu entdecken, verabschieden wir uns von ihr und verlieren eine Sinnesempfindung nach der anderen.
Stand: 23.09.2005