Zerpflügte Meeresböden, zerstörte Ökosysteme und zahllose tote Tiere sind längst nicht die einzigen möglichen Folgen eines intensiven Tiefseebergbaus in Sachen Manganknollen. So haben Forscher im Laufe der Zeit mindestens zwei weitere Gefahren für die Tiefseeumwelt entdeckt, die bei der Durchführung von Projekten auftreten.
Da ist zunächst die gewaltige Wolke aus Sedimenten, die die Raupen und Mangankollektoren beim Durchkämmen des Bodens aufwirbeln. Selbst mit der meist nur geringen Strömung in den Tiefen der Ozeane kann sich diese am Meeresboden beträchtlich ausbreiten. In einiger Entfernung lagern sich die Sedimente dann in vom Tiefseebergbau unberührten Gebieten wieder ab und bedecken alles Leben in der Tiefsee mit einer Art Leichentuch.
Das Umgraben der Meeresböden sorgt nicht nur für Wolken über dem Ozeanboden, auch das chemische Milieu gerät durcheinander. Bisher tief im Porenwasser der Sedimente gelöste Minerale und Spurenelemente kommen beispielsweise mit dem Sauerstoff im Wasser in Kontakt und werden oxidiert. Das umgesetzte O2 fehlt dann beispielsweise den Tiefseetieren bei der Atmung.
Dunstschleier auch an der Oberfläche
Bedroht wird das Ökosystem Tiefsee, so haben Wissenschaftler festgestellt, auch noch durch einen anderen, vielleicht sogar viel gefährlicheren Dunstschleier. Denn der Mix aus Sedimenten, Resten von Lebewesen sowie kaltem Tiefenwasser, der mit den Manganknollen an Bord der Schiffe gespült worden ist, muss „entsorgt“ werden.
Geschieht dies durch einfaches Abpumpen, entsteht eine „Schlammwolke“ an der Wasseroberfläche, deren Folgen bis heute noch weitgehend unerforscht sind. Wissenschaftler vermuten aber, dass unter anderem die Fischkiemen durch die Partikel in Mitleidenschaft gezogen werden und auch andere Filtrierapparate von Meerestieren nicht mehr optimal funktionieren.
Verheerend wären vermutlich auch die Auswirkungen auf das Phytoplankton im Meer. Durch den eingeschränkten Lichteinfall können sie nur noch eingeschränkt Photosynthese betreiben und die Primärproduktion käme zumindest teilweise zum Erliegen – mit fatalen Folgen für die Nahrungskette im Ozean. Nach Ansicht von Meeresforschern besteht zudem die Gefahr, dass die Trübung des Meeres nicht auf den Ursprungsort der Einleitung beschränkt bleibt. Mithilfe von Meeresströmungen könnten die Partikel hunderte oder tausende Kilometer weit wandern und unter Umständen zu einer globalen Gefahr für die Meeresumwelt werden.
Die TUSCH-Wissenschaftler halten deshalb die Entsorgung von Abbauabfällen direkt an der Oberfläche für fatal. Deutlich geringere Auswirkungen hätte ihrer Meinung nach eine Einleitung des Wasser-/Partikelgemisches in Bodennähe oder zumindest in 1.000 Meter Tiefe. Technisch kein Problem – für die Förderkonsortium allerdings ein weiterer Kostenfaktor.
Stand: 19.08.2005