Haben Sie einmal Geld in einer Telefonzelle vergessen und sind noch einmal umgekehrt, als bereits jemand anders dort telefonierte? Wenn dieser Ihnen Ihr Geld zurückgegeben hat, haben Sie gute Chancen, dass sie auf andere attraktiv wirken. In einer wissenschaftlichen Untersuchung mit schönen und weniger schönen Frauen zeigte sich, dass eine gutaussehende Frau ihr Geld in 87 Prozent der Fälle zurück erhielt, eine weniger attraktive dagegen nur zu 64 Prozent.
Das gilt nicht nur beim Telefonieren: Schöne haben es leichter im Leben. Das ist zwar nicht gerade fair, bestätigt sich aber immer wieder. Auch bei Autopannen haben hübsche Frauen mehr Chancen auf Hilfe. Schöne Menschen sind im Allgemeinen beliebter bei ihren Mitmenschen und ihnen werden automatisch positive Charaktereigenschaften zugesprochen. So werden gutaussehende Menschen in der Regel als erfolgreicher, intelligenter, glaubwürdiger, geselliger, kreativer und fleißiger eingeschätzt, unattraktive Menschen gelten viel eher als faul, phantasielos und langweilig.
Doch damit nicht genug: In den USA beurteilen sogar die Geschworenen vor Gericht gutaussehende Menschen milder. Selbst in der Schule werden hübsche Abschreiber weniger hart bestraft als schlechter aussehende Kinder. Schöne Menschen haben mehr und früher Sex und attraktive Frauen heiraten häufiger reiche und gebildetere Männer. Männliche Beaus haben ein etwa fünf Prozent höheres Gehalt als ihre Kollegen mit den Durchschnittsgesichtern, gutaussehende Frauen verdienen immerhin noch vier Prozent mehr, haben dafür allerdings weniger Chancen auf Führungspositionen – vermutlich wird ihnen weniger Härte zugetraut. Um die Chancengleichheit bei der Bewerbung zu erhöhen, ist es in den USA inzwischen eher unüblich, ein Bewerbungsfoto beizulegen – es wird vielmehr als Bestechungsversuch gewertet.
Anscheinend beurteilen wir instinktiv Schönes als besser oder wertvoller. Bereits hübsche Babys haben da einen eindeutigen Vorteil: je ausgeprägter das Kindchenschema (kleine Nase, große Augen, runder Kopf) ist, desto eher reagieren Erwachsene mit Zuneigung. Eine Studie in den USA zeigte sogar, dass von misshandelten Kleinkindern überdurchschnittlich viele unattraktiv waren.
Das Betrachten eines schönen Menschen wird sogar als Belohnung empfunden. In einer Studie klickten Männer jeweils dann auf Tasten, um sich eine Frau länger anzusehen, wenn diese gut aussah. Gleichzeitig wird der „Nucleus accumbens“, eine bestimmte Region des Gehirns aktiviert, die ebenfalls auf Drogen und die Aussicht auf einen finanziellen Gewinn reagiert. Dass Frauen auf ähnliche Weise auf schöne Männer reagieren wurde dagegen bisher noch nicht bestätigt.
Dass Männer so vergleichsweise einfach zu fesseln sind, nutzen die Medien kräftig für ihre Zwecke. Es findet sich kaum eine Zeitschrift oder ein Werbespot, in dem keine schönen Frauen präsent sind. In vielen Illustrierten sind sogar die Models so stark nachbearbeitet, dass sie in ihrer Perfektion schon wieder unecht wirken. Dennoch: selbst unnatürlich glatte Haut, auf der keine einzige Pore zu erkennen ist, strahlend weiße Zähne und künstlich wirkende intensiv-blaue Augen geben mehr Attraktivitätspunkte als das natürliche Gesicht.
Dies setzt eine bedenkliche Kettenreaktion in Gang. Vor allem bei männlichen Singles konnte der sogenannte Farrah-Effekt (benannt nach Farrah Fawcett-Majors) nachgewiesen werden: Versuchspersonen wurden in einem Experiment gebeten, die Attraktivität verschiedener Frauen zu beurteilen. Hatten sie zuvor eine Fernsehserie mit einer Horde schöner Frauen gesehen, beurteilten sie die vorgelegten Frauengesichter sehr viel negativer – ihr Anspruch war gestiegen, die Chancen auf eine Beziehung dagegen gesunken. Denn wann trifft man schon mal einen Fernseh-Star?
Haben früher vor allem Gemälde das Ideal bestimmt, so sind es heute Fernsehen, Kino, Zeitschriften und, und und… Die stetig wachsende Flut immer attraktiverer Menschen in den Medien sorgt dafür, dass sich unser Schönheitsideal immer weiter hochschraubt – bis es schließlich kaum noch jemand erfüllen kann. Und dann kann man sich eigentlich nur noch unters Messer legen – oder selber Schönheitschirurg werden…
Stand: 01.07.2005