Bevor ein Regentropfen die Erde erreicht, hat er bereits eine lange Reise hinter sich. Unser mitteleuropäischer Niederschlag entsteht in der Regel über den riesigen Wassermassen des Atlantiks, bevor er mit der Westwinddrift das Festland erreicht. Durchschnittlich bleibt ein verdunstetes Wassermolekül nur etwa neuneinhalb Tage in der Luft, bevor es als Niederschlag wieder zurück zur Erde fällt. Begleiten wir ein Molekül auf seiner Reise vom Erdboden in die Höhe und zurück.
Verdunstung
Am Anfang eines jeden Regens steht die Verdunstung von Wasser. Hierzu liefert die Sonne die nötige Energie. Normalerweise bewegen sich die H2O-Moleküle im Wasser wild durcheinander. Daher ist es flüssig. Doch erst mit der zusätzlichen Sonnenenergie können einzelne Moleküle die Oberflächenspannung des Wassers überwinden und sich buchstäblich „in Luft auflösen“. Die Tropfen im Wasser verlieren nach und nach an Substanz und werden gasförmig: sie verdunsten. Die Moleküle sind nun vollständig in der Luft gelöst, vergleichbar mit Zuckerkristallen im Wasser. Wissenschaftlich spricht man nun bereits vom Wasserdampf, auch wenn dieser für unsere Augen nicht erkennbar ist. Der sichtbare weiße Wasserdampf aus der Alltagssprache ist streng genommen bereits wieder kondensiert, also flüssig.
Luftfeuchtigkeit und Kondensation
Diese feucht-warme Luftmasse steigt nun mit den aufgesogenen Wassermolekülen wie in einem Fahrstuhl nach oben, da warme Gase generell leichter sind als kalte. Nun nimmt allerdings mit der Höhe der atmosphärische Druck auf die Luft ab. Sie kann sich daher ausdehnen und gleichzeitig abkühlen. Dieser so genannte adiabatische Temperaturverlust kann bis zu 1°Celsius pro einhundert Höhenmetern betragen. Ein 20°C warmes Luftpaket direkt über dem Meer würde also theoretisch nach dem Aufstieg in 2.000 Meter Höhe die Nullgradgrenze erreichen. Die tatsächliche Temperaturentwicklung hängt allerdings von der Höhe der Luftfeuchtigkeit ab. Denn trockene Luft kühlt fast doppelt so schnell ab wie feuchtgesättigte Luft.
Damit das verdunstete Wasser sich nun zu Wolken formieren kann, muss es zunächst kondensieren, also wieder flüssig werden. Dies geschieht erst, wenn die Luft keine weiteren Wassermoleküle mehr aufnehmen kann, also eine relative Luftfeuchtigkeit von einhundert Prozent aufweist. Die Fähigkeit der Luft, Wasser aufzunehmen, hängt jedoch sehr stark von ihrer jeweiligen Temperatur ab. Beispielsweise kann ein Kubikmeter Luft bei 20°C über siebzehn Gramm Wasser aufnehmen, bei 0°C hingegen nur noch knapp fünf Gramm. Wenn sich also ein feuchtegesättigtes Luftpaket weiter abkühlt, so muss es seine „überschüssigen“ Wassermoleküle irgendwie „loswerden“: die Kondensation beginnt. Sobald dieser so genannte Taupunkt erreicht ist, lagern sich die bis dahin gasförmigen Wassermoleküle an winzigen Luftverunreinigungen ab und werden wieder flüssig. Eine Wolke entsteht.
Stand: 28.05.2004