Das Universum wimmelt von majestätischen Spiralgalaxien, farbenfrohen Nebeln, bunten Sternen, Kugelsternhaufen, die wie unzählige Diamanten funkeln, und vielen anderen ästhetischen Gebilden. Warum also interessieren Astronomen sich für eine Zone des Sonnensystems, in der es kalt, dunkel und extrem unwirtlich ist? In der Gesteinsbrocken verschiedener Größen herumschwirren, allesamt zu klein, um eine Atmosphäre zu halten und Leben zu beherbergen?
Der Grund dafür ist, dass sich die Forscher aus der Häufigkeit und Beschaffenheit der Kuiper-Belt-Objects Aufschlüsse über die Entstehung des Sonnensystems erhoffen. „Asteroiden bestehen aus relativ gut erhaltener urzeitlicher Materie, die bei der Planetenbildung übrigblieb. Im Inneren des Sonnensystems wurden die kleineren Gesteins- und Eisbrocken von den großen Planeten verschluckt“, erläutert Bertoldi.
Besonders interessant finden die Forscher auch die Tatsache, dass Sedna eine sehr rötliche Farbe hat. Sie ist nach dem Mars das zweitrötlichste Objekt im Sonnensystem. „Es erstaunt uns, dass Sednas Oberfläche ein recht hohes Reflexionsvermögen hat und trotzdem sehr rot erscheint. Es ist unklar, welches Material solche Eigenschaften hat“, sagt Bertoldi. Der gängigen Theorie zufolge blieben die steinigen Außenbezirke bei der Entstehung unseres Sonnensystems vor etwa viereinhalb Milliarden Jahren übrig. Dabei bildeten sich aus dem inneren, dichteren Bereich der protoplanetaren Scheibe die bekannten Planeten in einem Zeitraum von mehreren Millionen Jahren. Der äußere Bereich der Scheibe war weniger dicht, also dauerte dessen Akkretion wesentlich länger.
Die Theorie, dass die Eiswelten jenseits von Pluto an der Stelle entstanden sind, an der sie sich jetzt befinden, bringt ein Paradoxon mit sich: Der Kuiper-Gürtel enthält nur ein Hundertstel der Masse, die notwendig wäre, um seine Entstehung zu erklären. Die Wissenschaftler versuchen, dem Mysterium mithilfe von Computersimulationen auf die Spur zu kommen. Demnach könnte der junge Planetengigant Jupiter der Verursacher des Kuiper-Gürtels sein, indem er kleinere Objekte, die ihm „im Weg“ waren, durch seine gewaltige Gravitationskraft einfach nach außen schleuderte.
Ein neuer Erklärungsansatz stammt von Harold Levison (Southwest Research Institute in Boulder, Colorado) und Alessandro Morbidelli (Observatoire de la Côte d’Azur in Nizza, Frankreich). „Eigentlich haben wir das Problem nicht gelöst, sondern umschifft“, erläutert Levison. Die beiden Wissenschaftler behaupten, dass die Ur-Akkretionsscheibe in einer Entfernung von 30 astronomischen Einheiten von der Sonne geendet hat. Dann sei Neptun durch die Scheibe langsam nach außen gewandert und habe dabei kleinere Himmelskörper „weggefegt“. Diese landeten im heutigen Kuiper-Gürtel. „Wir glauben, dass der Raum jenseits des Neptun ursprünglich leer war“, so Levison.
Stand: 07.05.2004