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Das Tote Meer stirbt

Ein Man-made Desaster

Mitten im Spannungsfeld des scheinbar unlösbaren israelisch-arabischen Konfliktes gelegen, befindet sich das Tote Meer noch aus einem anderen Grund in einer Art Sackgasse: Zwar versorgen zahlreiche Wadis und vor allem der Jordan und seine Nebenflüsse das Tote Meer mit Süßwasser und Sedimenten. Da das Binnengewässer jedoch keinen Abfluss besitzt, hat es sich im Laufe der Zeit zu einem gewaltigen Endlager für Mineralien und Giftstoffe, aber auch für Gesteinsreste und Pollen entwickelt und spielt deshalb eine wichtige Rolle als Klimaarchiv.

Keineswegs erstaunlich ist es dagegen, dass das Tote Meer heute eines der salzigsten Gewässer der Erde ist. Das aride Klima und die extreme Sonneneinstrahlung sorgen dafür, dass große Teile des über die Flüsse angelieferten Frischwassers in kürzester Zeit wieder verdunsten und nur die Mineralien und Salze zurückbleiben. Bis zu 340 Gramm dieser Stoffe sind nach Angaben von Chemikern in einem Liter Wasser gelöst. Der Salzgehalt des Toten Meeres liegt damit zehnmal so hoch wie beispielsweise im Mittelmeer. Magnesium und Kalium sind hier genauso zu finden wie Pottasche oder Bromide.

Durch den Jordan abgelagerter Mergel und Ton machen das Wasser zudem leicht ölig und sorgen für einen bitteren Geschmack. Kurioser Nebeneffekt des hohen Salzgehaltes: Der Auftrieb ist bei einem Bad im Toten Meer so groß, dass man nur unter größten Schwierigkeiten ertrinken, dafür aber in aller Ruhe Zeitung lesen kann.

Nachdem vom Toten Meer jahrzehntelang nur minimale Schwankungen des Wasserspiegels gemeldet wurden, hat sich die Situation am tiefsten kontinentalen Punkt der Erde in den letzten 20 Jahren geradezu dramatisch verändert. Mehr als ein Drittel seiner ehemaligen Größe hat das Tote Meer in dieser kurzen Zeit eingebüßt. Wie Wissenschaftler des Geological Survey of Israel und der Umweltschutzorganisation Friends of the Earth Middle East (FoEME) festgestellt haben, sinkt der Wasserspiegel des Toten Meeres seit einiger Zeit Jahr für Jahr um mehr als einen Meter.

Lag die Wasseroberfläche des Toten Meeres zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch bei 389 Meter unter dem Meeresspiegel ist sie in den letzten 30 Jahren bis auf -417 Meter abgesunken. Hotels, die früher mit Uferlage werben konnten, sind mittlerweile zum Teil mehrere Hundert Meter davon entfernt. Geht die Entwicklung so weiter – so die Forscher – könnte das Tote Meer bis zum Jahr 2050 vollständig ausgetrocknet sein.

Schuld an diesem Desaster ist neben der hohen natürlichen Verdunstung aufgrund des Klimas vor allem der Mensch. Nur noch etwa zehn Prozent der früheren Wassermassen erreichen heute über die Flüsse und Wadis das Tote Meer. Und auch die Wassereinträge über die Oberfläche sind auf einen Bruchteil der ehemaligen Werte gesunken. Der große Rest wird für Industrie, Bewässerungs-Landwirtschaft und private Haushalte in Israel, Jordanien und Palästina abgezapft…

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Stand: 06.09.2002

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Totes Meer
Vom Salzsee zum Sandsee?

Kurz vor dem Exitus?
Das Tote Meer in der Krise

Aufruhr im Untergrund
Wie das Tote Meer entstand...

Das Tote Meer stirbt
Ein Man-made Desaster

Eines der salzigsten Gewässer der Erde
Das Tote Meer in Zahlen

Fluch oder Segen?
Der Tourismus boomt

Von Bewässerung, Dämmen und Bodensenkungen
Selbstbedienungsladen Jordan

Zu viel selbst für Extremophile...
Die Natur vor dem Kollaps

"Let the Dead Sea Live"
Weltkulturerbe "Totes Meer"?

Am Tropf des Roten Meeres
Eine Pipeline soll das Tote Meer retten...

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