Für die Belastung seines Wohnumfeldes sorgt der Mensch zum Großteil selbst. Mit seinen alltäglichen Aktivitäten wie Kochen, Putzen oder Heizen verpestet er die Luft. Und erst das Rauchen in geschlossenen Räumen. Der blaue Dunst enthält massenhaft Schadstoffe wie Kohlenmonoxid, Stickoxide, Aldehyde, Nitrosamine und Formaldehyd. Aber nicht nur Raucher und deren Mitbewohner leben ungesund. So setzen passionierte Hobbybastler durch den Umgang mit Lösungsmitteln, Lacken, Abbeizmitteln oder Klebern schädliche Stoffe in so hoher Konzentrationen frei, dass die für gewerbliche Nutzung festgelegten Grenzwerte oftmals bei weiten überschreiten werden.
Doch auch die gesamte Raumausstattung – Möbel, Teppiche, Tapeten, Laminatboden, Wandfarbe, Holzverkleidungen, Baustoffe – gibt nicht selten in kleineren oder größeren Mengen Giftstoffe von sich. Die Luftqualität der Innenräume hat sich aufgrund moderner Baustoffe und Bauweisen im Vergleich zu früher drastisch geändert. Seit Ende der 60er Jahre verdrängten neuartige Baustoffe wie Spanplatten, Spritzasbest, Betonzusatz- oder Holzschutzmittel die zuvor verwendeten Naturbaustoffe.
Die Bau- und Zusatzstoffe enthalten chemische Zusätze wie Phenole, Formaldehyd, Kohlenwasserstoffe, Asbest, Dioxine und Pestizide. Gerade der Schadstoff Formaldeyd kommt quasi ubiquitär vor. Die Palette von Produkten, die auf Grundlage dieser Verbindung hergestellt wurde, ist groß: Spanplatten, Glas-, Steinwollfaser, Hartschaum, Möbel, technische Geräte, Farben, Lacke, Gardinen, Textilien.
Die Wachstumsrate der neuen Produkte gelangte zu einem Maximum, als die Erfahrungen mit möglichen Nebenwirkungen noch gering waren. In Folge der Erdölkrise in den 70er Jahren wurden Häuser zudem abgedämmt und isoliert, was das Zeug hielt. Dabei wurden nicht nur schädliche Materialien eingesetzt, sondern auch der Luftaustausch nach draußen unterbunden.
Erst Jahrzehnte nach Einführung der Produkte wurden Zusammenhänge zwischen den neuen Baustoffen und möglichen gesundheitlichen Schäden wahrgenommen. So wurde erst 1989 das mit PCP und Lindan verunreinigte Holzschutzmittel Xyladecor auf Grund seiner nervenschädigenden Wirkung verboten.
Doch nicht nur die Wohnung, auch die Raumluft vieler Kindergärten und Schulen ist belastet. So wurde unlängst in einer großangelegten Studie die Luft in 50.000 deutschen Kindergärten gemessen. Viele wiesen erhöhte Werte an Lösungsmittel und leicht flüchtigen organischen Verbindungen auf. Dabei konnte zwar der Rückgang klassischer Lösungsmittel wie Toluol, Xylol, Benzol nachgewiesen werden, zugenommen hatten jedoch die in Biofarben enthaltenen Terpene.
Besonders der Arbeitsplatz jedoch bleibt von giftigen Ausdünstungen nur selten verschont. Zu den Schadstoffen, die aus Schreibtisch und Teppich frei werden, gesellen sich giftige Gase aus Computermonitoren, Druckern und Kopierern. Zugaben chemischer Duft- oder Desinfektionsmittel zum Befeuchtungswasser von Klimaanlagen tun ihr übriges. So leiden besonders Büroangestellten unter den ganz klassischen Beschwerden wie Kopfschmerzen, Augenreizungen, Erschöpfung, dem so genannten Sick-Building-Syndrom, was zu Deutsch etwa soviel heißt wie „krank-machendes Gebäude“.
Eine Untersuchung des „Pro Klima – Forschungsprojekts“ um Umweltmediziner Dr. Wolfgang Bischof brachte dabei interessantes zu Tage: Je höher die Zufriedenheit bei der Arbeit und je besser das psychosoziale Klima im Büro ist, desto weniger Sick-Building-Beschwerden bilden sich aus. Dennoch spielen beim Raumklima auch Chemikalien eine Rolle. So konnten Messungen beispielsweise die von den Angestellen beklagten Augenreizungen durch entsprechend erhöhte Schadstoffwerte bestätigen. Auch waren die Beschwerden nicht eingebildet. Die gereizten Augen wurden durch anschließende Untersuchungen beim Augenarzt in den meisten Fällen medizinisch bestätigt.
Stand: 21.05.2002