Ob der Riegel im Handyformat, die Süßigkeit, die so leicht ist, dass sie in Milch schwimmt oder die Frühstückscerealien, die eben nicht staubtrocken sind – Lebensmittelchemiker kriegen alles hin. In ihren Labors basteln sie am optimal verkaufsfördernden Lebensmittel, das den Kunden in Form, Farbe und Geschmack maximal anspricht – und ihm zugleich das entsprechende Lebensgefühl suggeriert. Speziell ausgebildete Testpersonen lassen sich das „Design-Food“ vorab auf der Zunge zergehen und beurteilen so das sich beim Kauen und Schlucken einstellende sensorische Empfinden.
Bei der Verwirklichung der appetitanregenden Lebensmittel helfen zumeist chemische Zusätze: Farbstoffe, Aromen, Geschmacksverstärker, Konservierungsstoffe, Emulgatoren, Trennmittel, Stabilisatoren. Als so genannte „E-Nummern“ deklariert, sind sie die Kosmetika für Lebensmittel. Und denen kann der Verbraucher kaum mehr entgehen. Schon beim Verzehr eines unspektakulären Stück Käses isst er reichlich E-Nummern in Form von Farb- und Konservierungsstoffe mit, der Geschmack durchschnittlicher Suppen oder Fertiggerichte wird durch E 621 -Natriumglutamat – verfeinert. Besonders der Griff in die Chipstüte oder der Gang ins China-Restaurant wird mit übermäßig viel Geschmacksverstärker bestraft.
Doch nicht nur die Nahrungsmittel, auch Kleidung, Kosmetika, Medikamente, Putz- oder Waschmittel sind gespickt mit chemischen Zusatzstoffen. Kein Lebensbereich bleibt vor der Chemikalisierung verschont. Weltweit sind ca. 80.000 Chemikalien in Gebrauch und jedes Jahr kommen über 1.500 neue hinzu. So enthält nicht nur Parfüm, sondern sämtliche Kosmetika, wie Seifen, Shampoos, Deos, Sprays, Cremes oder Toilettenpapier synthetische Duftstoffe. Die Duftmacher allein können schon mehr als 4000 verschiedene Chemikalien enthalten. Doch damit nicht genug. Zu den Duftstoffen gesellen sich noch andere: Konservierungsstoffe, Farbstoffe, antibakteriell wirkende Stoffe, waschaktive Substanzen, Weichmacher, Bleichmittel.
Und nun zu den eigentlich gar nicht beabsichtigten chemischen Beimengungen, den Umweltgiften: Pestizide im Gemüse, Medikamente im Schweinefleisch, Dioxine in Milchprodukten, Biphenol A in Plastikflaschen und Blechdosen, PVC-Weichmacher in Kinderspielzeug. Forschern des Jülicher Forschungszentrums gelang zudem der Nachweis von Nonylphenolen, Abbauprodukte einer Industriechemikalie, in fast allen Lebensmitteln. So nimmt der deutsche Normalverbraucher nach ihren Berechnungen mit seiner Nahrung etwa 7,5 Mikrogramm der Chemikalie auf. Wie diese Substanz, die eigentlich nur in Industrie- und Haushaltsreinigern gehört, in Lebensmittel – darunter auch Bioprodukte, Säuglingsnahrung und Muttermilch – gelangen kann, ist nach wie vor unklar.
Stand: 21.05.2002