November 1981. Schleswig-Holstein und die dem Festland vorgelagerten Inseln wie Sylt warten auf die angekündigte Sturmflut. „Business as usual“ sollte man meinen, denn Sturmfluten sind ja eigentlich für die betroffenenen Regionen keine Besonderheit.
Doch vor allem Sylt meldet, nachdem die Wassermassen abgezogen sind, wieder einmal schlimme Zerstörungen. Große Teile des schützenden Dünengürtels sind durch den Wind und die Kraft der Wellen schwer geschädigt und Millionen von Kubikmetern Sand weggespült worden. Wo noch vor wenigen Tagen Strand war, ist jetzt nur noch Wasser.
Die Folgen der Flut von 1981 sind für Sylt kein Einzelfall. Nach der Katastrophe von 1962 beispielsweise mussten am „Roten Kliff“ vor Wenningstedt sogar einige gründerzeitliche Häuser gesprengt werden. Die Gewalt der Wassermassen hatte die Steilküste soweit weggefressen, dass die Villen abzustürzen drohten. Auch bei den Sturmfluten in den Jahren 1993 und 1999 zollte die Insel dem Meer Tribut. Jedesmal waren schwer wiegende Landverluste zu beklagen.
Der Schaden, den diese Sturmfluten auf Sylt verursachen, ist jedesmal beträchtlich. 20 bis 25 Millionen Mark waren allein nach der Dezembersturmflut 1999 erforderlich, um alle entstandenen Zerstörungen und Beschädigungen zu beseitigen.
Und auch in nächster Zeit ist, was die Folgen von Sturmfluten betrifft, für Sylt keine Besserung der Lage in Sicht. Im Gegensatz zu allen anderen Nordfriesischen Inseln ist das beliebte Urlaubsziel nicht von schützenden Sandbänken umgeben, die verhindern, dass die Wellen ungebremst gegen Sylts Westküste prallen. Sturmfluten werden deshalb auch in Zukunft unerbittlich an den Grundfesten der Insel „nagen“.
Seit Anfang der 1980er Jahre versuchen Küstenplaner ein wenig Abhilfe zu schaffen. Sie leiten dazu Sand in die tieferen Rinnen vor der Küste ein, um das Relief auszugleichen und die Brandungsenergie zu verringern. Ohne das Anlegen künstlicher Sandbänke vor der Westküste wird Sylt aber vermutlich auf Dauer den Kampf gegen das Meer und die Sturmfluten verlieren. Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Insel ohne zusätzlichen Schutz zunächst im Laufe der Zeit immer schmaler wird und schließlich in mehrere Teile zerbricht.
Das Schicksal, das Sylt droht, kann auch der Ostseeinsel Hiddensee blühen. Darmstädter Forscher haben im Jahr 2002 bei Simulationen festgestellt, dass Hiddensee bei einer sehr hohen Sturmflut auseinanderbrechen könnte, wenn nicht vorher zusätzliche Schutzmaßnahmen ergriffen werden.
Bei ihren Berechnungen von Strömungen und Sedimentbewegungen fanden die Forscher heraus, dass die Schutzdüne der Insel durch die normale Brandung und besonders bei Sturmfluten im Laufe der Zeit immer weiter abgetragen wird, bis es schließlich zum Überströmen kommt. Die Folge – so die Ergebnisse der Forscher weiter – wäre ein 170 Meter breiter und vier bis fünf Meter tiefer „Kanal“, der sich von selber nicht wieder schließt…
Stand: 20.04.2002