Das Ziel aller VR-Behandlungen ist es, dem Gehirn „Normalität“ zu signalisieren. Bei längerem Training gelingt es mit dieser Illusion von Normalität, Veränderungen des Gehirns rückgängig zu machen, die den Schmerz aufrechterhalten oder zur Schmerzentstehung beitragen.
Wie wir heute wissen, ist die Intensität des Phantomschmerzes eng mit der veränderten Repräsentation des amputierten Gliedes in der Tastrinde des Gehirns assoziiert, und je mehr Reize aus der Umgebung der neuronalen Repräsentation des amputierten Gliedes in die Amputationszone einwandern, desto stärker ist der Phantomschmerz: Diese Veränderung der neuronalen Aktivität kann durch das Training in der virtuellen Welt zurückgedrängt werden, wodurch eine normale Körperrepräsentation wieder hergestellt werden kann.
Traumata überwinden
Nicht allein bei chronischen Schmerzzuständen, auch bei psychischen Erkrankungen, etwa bei angst- und stressbedingten Problemen oder bei Persönlichkeitsstörungen wie dem Borderline-Syndrom, können VR-Anwendungen sowohl diagnostisch als auch therapeutisch hilfreich sein. Das lässt sich am Beispiel posttraumatischer Belastungsstörungen zeigen, zu denen es nach schlimmen Erlebnissen kommen kann, etwa nach Terroranschlägen, Kriegseinsätzen, Naturkatastrophen oder Vergewaltigungen.
Bei einer posttraumatischen Belastungsstörung erlebt der Betroffene das erlittene Trauma immer wieder neu, und es besteht eine starke Erregbarkeit durch Reize, die mit dem jeweiligen Trauma verbunden waren. Die individuellen Charakteristika einer posttraumatischen Belastungsstörung lassen sich durch eine Konfrontation mit den Traumainhalten in der virtuellen Realität sehr gut abbilden und diagnostizieren. Ebenso gut kann die virtuelle Umgebung zur Therapie eingesetzt werden.
Herta Flor, Universität Heidelberg/ Ruperto Carola
Stand: 13.07.2018