Auf den ersten Blick scheinen Primzahlen willkürlich über den Zahlenraum verteilt. Es ist fast unmöglich vorherzusagen, wann nach einer Primzahl die nächste folgt. Doch in dieser scheinbaren Zufälligkeit verbergen sich bei näherem Hinsehen überraschende Trends und Muster – und einige davon lassen sich sogar grafisch sichtbar machen.
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Muster statt Chaos
Eigentlich wollte sich der Mathematiker Stanislaw Ulam nur die Zeit während eines langweiligen Vortrags vertreiben: Er kritzelte auf einem Blatt Karopapier herum und begann schließlich, mit Zahlen herumzuspielen: Er begann mit der 1 in der Mitte und füllte dann die folgenden Zahlen im Uhrzeigersinn in die umgebenden Kästchen ein – wie eine Art Spirale. Dann markierte er die Primzahlen in dieser Zahlenspirale.
Es zeigt sich Überaschendes: Statt willkürlich in der Zahlenmatrix verteilt zu sein, häufen sich die Primzahlen entlang von diagonalen Linien. Fast wie bei den Strahlen eines Eiskristalls oder den Blütenblättern einer Rose bilden sie ein Muster. „Einige dieser Linien beinhalten siebenmal mehr Primzahlen als normal“, erklärt der britische Mathematiker James Grime. „Die besten bekannten enthalten sogar zwölfmal mehr Primzahlen als der Durchschnitt.“
Gleichzeitig aber ist dieses Diagonalmuster nicht perfekt: Es gibt viele Lücken in den Linien und längst nicht alle Primzahlen ordnen sich in diese Diagonalen ein. Doch das Muster ist eindeutig vorhanden und wird umso deutlicher und komplexer, desto größer die Zahlenspirale ist. Heute ist es nach seinem Entdecker auch als „Ulams Rose“ bekannt.
Das Geheimnis der Linien
Noch faszinierender und deutlicher wird das Muster in der sogenannten Sacks-Spirale. Dafür schreibt man zunächst alle Quadratzahlen nebeneinander in eine Reihe. Dann verbindet man sie durch eine archimedische Spirale und ergänzt auf deren Linien in jeweils regelmäßigen Abständen die Zwischenzahlen. Markiert man nun alle Primzahlen, zeigen sich erneut Linien, entlang derer auffällig viele Primzahlen stehen.
Doch wie sind diese Muster zu erklären? Das Geheimnis liegt in der mathematischen Verbindung zwischen den Zahlen, die in den Linien der Rose oder der Sacks-Spirale aufeinanderfolgen. Ihre Abfolge lässt sich mit verschiedenen quadratischen Gleichungen beschreiben. So entspricht beispielsweise eine der Linien in der Sacks-Spirale der Formel n2 +n+41. Dieses Polynom beschrieb schon der Mathematiker Leonhard Euler vor fast 250 Jahren als besonders „primzahlenträchtig“. Tatsächlich sind auf der durch diese Gleichung beschriebenen Linie unter 1.000 Zahlen 582 Primzahlen.
„Primzahlen sind daher nicht so zufällig, wie man denken könnte. Es gibt Gleichungen, die uns dabei helfen, Primzahlen aufzuspüren“, erklärt Grime. Dummerweise jedoch gibt es keine Gleichung, die ausschließlich Primzahlen liefert – und auch keine, die die gesamte Abfolge der Primzahlen im Zahlenraum erklären könnte.
Nadja Podbregar
Stand: 15.06.2018