Wissenschaftler wie der Genforscher Kevin Esvelt plädieren dafür, angesichts der scheinbar unbegrenzten Einsatzmöglichkeiten der Genschere auch die Schattenseiten dieses Werkzeugs nicht zu übersehen. Obwohl er selbst einer der Pioniere im Einsatz von CRISPR/ Cas9 ist, warnt Esvelt vor den Gefahren einer unkontrollierten und ungenügend reflektierten Genmanipulation mit dieser Methode.
Unkontrollierbarer Prozess
So erkannte er als Erster, dass Manipulationen mit der Genschere und dem Gene-Drive-Verfahren dazu führen können, dass sich geänderte Gene von selbst und unkontrolliert in einer Population verbreiten. Der Mensch beschleunigt mit solchen Eingriffen die Evolution und hebelt die Vererbungsregeln der Natur aus – ohne die Konsequenzen absehen zu können.
Im Fall der gezielten Ausrottung von Mücken oder anderen Tieren weiß zum Beispiel niemand, welche Auswirkungen das Verschwinden einer Art auf die Ökosysteme hat. Und was wäre, wenn genmanipulierte Lebewesen zu einer unerwünschten Variante weitermutieren und sich massiv vermehren?
Ethische Bedenken
Im Zusammenhang mit dem potenziellen Einsatz des Universalwerkzeugs beim Menschen kommen dagegen vor allem ethische Bedenken bezüglich der Erschaffung des viel zitierten Designerbabys auf. Was soll erlaubt sein und was nicht? Die meisten Wissenschaftler sind sich einig, dass Gesellschaft und Politik solche Fragen für die Genschere klären müssen.
Noch gibt es keine weltweit gültigen Regelungen, die einen Missbrauch oder riskante Experimente verhindern können. In Deutschland ist die Keimbahn-Manipulation menschlicher Embryonen zwar bisher verboten – in China und einigen anderen Ländern gilt dies jedoch nicht.
„CRISPR/ Cas9 kann der Menschheit ungeheuer viel Gutes bringen, aber natürlich müssen wir verantwortungsbewusst damit umgehen“, äußerte sich die mittlerweile am Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie in Berlin tätige Charpentier kürzlich in einer Veröffentlichung. „Eingriffe in die menschliche Keimbahn beispielsweise, die das Erbgut künftiger Generationen beeinflussen, lehnen die meisten meiner Kollegen und auch ich selbst ab.“
Daniela Albat
Stand: 27.01.2017