Er ist mit Abstand der größte Vulkan der Erde – und doch war er bis vor kurzem völlig unbekannt. Denn das Tamu-Massiv liegt nicht an Land, sondern in den Tiefen des Pazifik verborgen, 1.600 Kilometer östlich von Japan. Wie viele andere erloschene Untersee-Vulkane gehört auch dieses Massiv zu den Seamounts – zu den Bergriesen der Meere.
Mehr als tausend Meter hoch
Als Seamount gilt ein Unterwasser-Berg, wenn er sich mehr als 1.000 Meter über den umgebenden Meeresgrund erhebt. Die meisten dieser unterseeischen Riesen sind jedoch deutlich höher und ragen gleich mehrere tausend Meter vom schlammigen Tiefseegrund auf. Auch das Tamu-Massiv ist rund 4.000 Meter hoch, obwohl sein Gipfel noch immer rund 2.000 Meter Wasser über sich hat.
Noch beeindruckender aber als seine Höhe ist die Größe und Ausdehnung einiger Seamounts. So bedeckt allein das Tamu-Massiv eine Fläche von 310.000 Quadratkilometern. Seine Grundfläche ist damit so groß wie die des Olympus Mons auf dem Mars, des größten Vulkans im Sonnensystem, wie Forscher 2012 feststellten. Gegen diesen Untersee- Giganten macht sich der bisher größte aktive Vulkan der Erde, der Mauna Loa auf Hawaii, wie ein Winzling aus: Er bedeckt gerade einmal zwei Prozent der Grundfläche dieses beiden Riesen.
Eines der größten Habitate unseres Planeten
Ebenso beeindruckend wie ihre Größe ist die schiere Menge der Seamounts: Wahrscheinlich mehr als 45.000 dieser Berge verteilen sich auf die Meere der Erde. Wie eine Studie kürzlich ergab, bedecken sie alle zusammen rund 28,8 Millionen Quadratkilometer des Meeresgrunds – das ist mehr als die Fläche ganz Südamerikas. Die Seamounts nehmen damit auf unserem Planeten mehr Platz ein als Wüsten, Tundren oder jedes andere terrestrische Habitat der Erde.
„Im Gegensatz zu Stränden oder Korallenriffen bekommen die meisten Menschen niemals einen Seamount zu Gesicht“, erklärt Peter Etnoyer von der National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA). „Aber sie sind eindeutig eines der dominanten Ökosysteme der Erde – und eines der unbekanntesten. Denn gerade einmal gut 250 Unterseeberge wurden bisher erkundet und näher untersucht.
Flacher Gipfel, ausgefranster Grundriss
Während die meisten jungen, aktiven Untersee-Vulkane die typische Kegelform solcher Feuerberge besitzen, ist den vulkanischen Seamounts der Zahn der Zeit oft deutlich anzumerken. Sind sie einmal erloschen, kühlt der Untergrund ab und das Gestein zieht sich zusammen. Als Folge sackt die Gipfelregion um den Schlot ein und es bildet sich ein mehr oder weniger flaches Plateau. An den Rändern des Vulkans sorgt die Erosion dafür, dass Teile der Flanken wegbrechen. Im Laufe der Zeit bekommen die Seamounts dadurch oft eine typisch sternförmige Gestalt.
Allerdings gibt es auch Ausnahmen: Das Tamu-Massiv beispielsweise besteht aus so massiven, dicken Lavaschichten, dass ihm Erosion und Senkprozesse selbst 140 Millionen Jahre nach seinem letzten Ausbruch nichts anhaben konnten. Er hat zudem eine für Seamount eher ungewöhnliche Form: „Er ist im Verhältnis zu seiner Höhe extrem breit, dadurch sind seine Hänge eher flach“, berichtet William Sager von der Texas A&M University. „Wenn man auf seiner Flanke stehen würde, könnte man an manchen Stellen kaum sagen, wo es abwärts geht.“
Nadja Podbregar
Stand: 26.08.2016