Wie gewaltig die Dimensionen des Problems sind, zeigt sich am Beispiel der Offshore-Windparks, die vor den Küsten entstehen. Allein die deutschen Anlagen erzeugten 2014 bereits mehr als ein Gigawatt Strom, was etwa der Leistung eines Atomkraftwerks entspricht. Bei Sturm allerdings müssen die Windräder oft abgeschaltet werden, damit das Stromnetz nicht überlastet zusammenbricht. Dabei fände die Energie später problemlos Abnehmer.
Hohlkugeln am Seegrund
Um einen Speicher zu finden, mit dem sich solche Erzeugungsspitzen auffangen lassen, orientieren sich Wissenschaftler am Prinzip der Pumpspeicherwerke, die sich an Land bereits bewährt haben: Bei ihnen wird überschüssige Energie dazu genutzt, Wasser aus einem See in einen höher gelegenen Stausee zu pumpen. Wenn später Energie benötigt wird, lässt man das Wasser aus dem Stausee durch Turbinen wieder herauslaufen, die Strom erzeugen. Etwa 80 Prozent der aufgenommenen Energie werden so wieder an das Stromnetz zurückgegeben.
In zwei Varianten ließe sich dieses Prinzip auch in der Nordsee anwenden. Als Ersatz für den Stausee könnten hohle Betonkugeln dienen, die direkt unter den Windkraftanlagen am Meeresgrund platziert werden. Das Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik arbeitet mit dem Bauunternehmen HOCHTIEF an diesem Projekt: Überschüssige Energie würde dazu genutzt, um die gewaltigen Betonkugeln mit ihrem Durchmesser von 30 Metern leer zu pumpen. Lässt man das Wasser durch Turbinen wieder einströmen, wird dabei Strom erzeugt. Ein Modellversuch mit drei Kugeln im Bodensee soll im Sommer 2016 abgeschlossen werden.
Künstliche Atolle
Die zweite Variante namens iLand sieht eine Art von künstlichem Atoll auf offenem Meer vor. In seiner Mitte befindet sich ein Becken, das mit Strom aus den Offshore-Parks leergepumpt und zur Rückgewinnung von Energie wieder geflutet wird, wobei das einströmende Wasser Turbinen antreibt.
Dieses Projekt, von der belgischen Regierung angestoßen, wurde schließlich wegen der hohen Kosten doch nicht genehmigt. Auch Naturschützer stehen solch gigantischen Konzepten kritisch gegenüber: Für den Bau der Insel müssten ausgerechnet im sensiblen Wattenmeer tausende Kubikmeter Sand und Kies bewegt werden.
Ähnlich groß wären die Dimensionen bei den Betonkugeln: Rund 200 Stück würden benötigt, um jene vier Gigawatt bereitzustellen, die Experten als Mindestreserve zur Sicherung der deutschen Stromversorgung sehen. Ein weiterer Haken bei solchen Anlagen ist der Energietransport: Der Strom muss vom Meer aus über das ganze Land verteilt werden, wobei die nötigen Trassen und ihre Kosten umstritten sind.
Lars Klaaßen / Helmholtz Perspektiven)
Stand: 27.05.2016