Warum? Diese Frage stellen schon kleine Kinder in ihrem Bemühen, die Welt um sich herum zu verstehen. Deshalb ist es kein Wunder, wenn sich uns auch beim Urknall unweigerlich die Frage stellt: Warum gab es ihn? Was war der Auslöser für diesen Anfang unseres Universums?
Ohne Zeit keine Kausalität
Der belgische Kosmologe Georges Lemaitre spekulierte in den 1930er Jahren, dass vielleicht der Zerfall eines Uratoms alles auslöste. Dafür aber hätte es schon vor dem Urknall etwas geben müssen – das besagte Uratom. Doch nach der klassischen Urknall-Theorie ist das nicht möglich, weil es vor dem Uranfang eben noch nichts gab: weder Zeit, noch Raum noch Materie.
Damit aber kommen wir auch mit der Frage nach der Kausalität in die Bredouille. „Weil die Zeit selbst erst mit dem Urknall begann, ist dies ein Ereignis, das nicht durch etwas oder jemanden verursacht worden sein kann“, erklärt Stephen Hawking. „Die Gesetze der Natur selbst sagen uns, dass das Universum entstanden sein kann, ohne dass dazu Energie oder eine Ursache nötig war.“ Doch sich vorzustellen, dass es ein Ereignis ohne Ursache gibt, einfach so aus dem Nichts, ist schwer – erst recht, wenn es um Etwas von so fundamentaler Bedeutung für unser Universum geht.
Heisenberg und der Urknall
Dennoch könnte der Urknall letztlich bloßer Zufall gewesen sein – oder besser gesagt seine quantenphysikalische Entsprechung. Hier kommt die von Werner Heisenberg entdeckte Unschärferelation ins Spiel. Sie besagt, dass manche physikalischen Größenpaare nicht gleichzeitig beliebig genau gemessen werden können. Will man beispielsweise die Geschwindigkeit eines Elektrons genau messen, beeinflusst man dadurch dessen Position – und kann sie daher nicht genau bestimmen.
Ein anderes „unscharfes“ Größenpaar bilden Energie und Zeit. So ist die Energie von Atomen und Elementarteilchen innerhalb gewisser Zeiträume nach Heisenberg unbestimmt. Und das bringt uns zum Urknall: Auch die Entstehung unseres ganzen Universums könnte sich möglicherweise mit der Energie-Zeit-Unschärfe erklären lassen. Auf diesen kühnen Gedanken kamen 1973 unabhängig voneinander der ukrainische Physiker Piotr Fomin und sein US-Kollege Edward Tryon.
Quantenfluktuation als Daseinsgrund?
Ihre bis heute aktuell gebliebene Grundidee: Wenn die Gesamtenergie des Universums sehr genau bestimmt ist, dann ist die Zeit sehr „unscharf“, nämlich beliebig lang. Tatsächlich lässt sich die Energie unseres Universums recht gut eingrenzen. Stellt man der positiven Energie der Strahlung und der Materie die mathematisch als negative Energie beschreibbare Schwerkraft gegenüber, ergibt sich eine Bilanz von ziemlich genau null. Beides gleicht sich aus.
Hat das Universum aber keine Energie, kann es quantenphysikalische Fluktuationen geben, die zufällig „Etwas“ und damit Zeit und Raum entstehen lassen oder eben nicht. Unser Universum wäre damit zufällig als Quantenfluktuation aus dem Nichts ins Dasein gesprungen. „Das Universum ist einfach eines der Dinge, die manchmal geschehen“, spitzte es Tryon zu.
Nadja Podbregar
Stand: 01.04.2016