Klar scheint heute: Mit dem Urknall begann eine Kette von Ereignissen, in deren Verlauf die Atome, chemischen Elemente und letztlich alle Materie um uns herum entstand. Bis es aber so war, musste noch einiges geschehen. Welche Prozesse dabei abliefen und wie die ersten Stadien unseres Universums beschaffen waren, ist bis heute noch nicht vollständig aufgeklärt.
Klar scheint: Unmittelbar nach dem Urknall bestand das ganze Universum aus einem winzig kleinen, aber extrem dichten und heißen „Etwas“. Kosmologen vermuten, dass seine Größe nicht mehr als Plancklänge von 10 hoch -35 Meter betrug. Zu dieser Zeit sind alle vier physikalischen Grundkräfte noch in einer einzigen Superkraft vereint. Dann, etwa zehn hoch -40 Sekunden nach dem Urknall, spaltet sich die Gravitation ab. Damit entsteht die klassische Raumzeit. Der Kosmos ist noch immer unvorstellbar heiß, in welcher Form Energie und Materie vorliegen, ist unbekannt.
Inflation und Fast-Kollaps
Nur Bruchteile einer Sekunde später beginnt die nächste, dramatische Veränderung: die kosmische Inflation bläht das Universum in weniger als einem Milliardstel einer Quadrillionstel Sekunde exponentiell auf. Die Größe des Universums nimmt dabei um einen Faktor von 10 hoch 30 bis 10 hoch 100 zu. Möglicherweise folgte auf diese erste große Inflation sogar noch eine kürzere, zweite Expansionsphase, wie Physiker vor kurzem postulierten.
Doch diese Ausdehnung mit Überlicht-Geschwindigkeit hätte theoretisch auch gleich wieder das Ende unseres Kosmos bedeuten können. Denn die enormen Energiefluktuationen müssten das damals frisch entstandene Higgs-Feld so destabilisiert haben, dass das Universum sofort wieder kollabierte. Doch wie Physiker kürzlich herausfanden, gibt es einen Ausweg: Eine Wechselwirkung von Gravitation und Higgsfeld könnte für die nötige Stabilität gesorgt haben.
Die flüssigste Flüssigkeit von allen
Mit dem Ende der Inflation ist die Temperatur im Kosmos auf „nur“ noch einige Billionen Grad gesunken. Die vier Grundkräfte sind nun voneinander getrennt. Jetzt entstehen mit Quarks und Gluonen erste Bausteine der Materie, die sich frei im extrem heißem Plasma bewegen – quasi einer ultimativen kosmischen Ursuppe.
Wie dieses Quark-Gluon-Plasma beschaffen ist, untersuchen Physiker unter anderem am Large Hadron Collider (LHC) des CERN. Wenn in diesem Teilchenbeschleuniger Bleikerne mit extremer Geschwindigkeit kollidieren, entstehen für Sekundenbruchteile Bedingungen, wie sie kurz nach dem Urknall herrschten. Dadurch ist es gelungen, zumindest einige Eigenschaften dieses Ur-Plasmas zu enträtseln.
So ist das Quark-Gluonen-Plasma beispielsweise superfluid: Es verhält sich wie eine Flüssigkeit, die keinerlei innere Reibung besitzt. Die Teilchen können sich daher in ihm bewegen ohne Energie zu verlieren. Seltsamerweise gilt dies jedoch nicht für alle Richtungen gleichermaßen. Zudem scheinen die Teilchen im Plasma nicht so unabhängig voneinander zu sein, wie lange gedacht. Auch hier bleiben daher noch reichlich Fragen offen.
Nadja Podbregar
Stand: 01.04.2016