Medizin

Mediziner im Dienste des Militärs

Spekulationen über das Leben des Dioskurides

Wer war Pedanios Dioskurides? Diese Frage können Historiker heute nur unzureichend beantworten. Denn so sehr der griechische Arzt mit seinem Werk viele nach ihm geprägt hat, so oft er auch zitiert und kommentiert worden ist: Über sein Leben ist kaum etwas überliefert. Wir wissen darüber nur so viel, wie Dioskurides selbst in seinen Schriften mitteilt.

Ausbildung zum Militärarzt

Demnach lebt Dioskurides im ersten Jahrhundert nach Christus und stammt aus Anazarbos in Kilikien – einer Landschaft in Kleinasien, die damals römische Provinz ist. Er ist ein Zeitgenosse des Gelehrten Plinius des Älteren und dient unter Kaiser Nero als Militärarzt.

Pedanios Dioskurides © Wellcome Library London

Schon von Jugend auf begeistert sich Dioskurides offenbar für die Naturwissenschaften – eine Karriere als Mediziner scheint da naheliegend. Wo er seine medizinischen und pharmazeutischen Kenntnisse erwirbt, bleibt Spekulation. Wahrscheinlich ist jedoch, dass Dioskurides in Tarsos ausgebildet wird.

Durch ihre günstige geografische Lage kommt der Hafenstadt damals wirtschaftspolitische Bedeutung zu. Über den Fluss Kydnos ist sie vom Mittelmeer aus gut zu erreichen. Die Stadt ist nicht nur Amtssitz des römischen Statthalters, sondern auch eine wichtige Station auf der Handelsstraße, die vom syrischen Antiocheia zur ägäischen Küste Kleinasiens führt. Unter diesen Bedingungen blühen neben Politik und Wirtschaft auch das kulturelle und geistige Leben auf: Tarsos wird zum bedeutendsten Zentrum botanisch-pharmakologischer Forschung im Römischen Reich.

Weite Reisen liefern Anschauungsmaterial

Während seiner militärischen Laufbahn als Arzt reist Dioskurides offensichtlich viel und sieht zahlreiche Länder, wie er in der Vorrede zu seinem möglicherweise einzigen Werk „De Materia Medica“ schreibt. Gut möglich, dass er auf den weiten Reisen auch viele jener Pflanzen zu Gesicht bekommt, die er später in seine Schrift über Arzneimittel aufnimmt.

Die als Heilmittel in Frage kommenden Substanzen überprüft er vielleicht auch in klinischen Versuchen auf ihre medizinische Wirkung hin. Zumindest aber legt er als Praktiker besonderen Wert auf eine möglichst umfassende eigene Anschauung – eine Tugend, die er bei anderen Autoren pharmazeutischer Literatur vermisst. Diese hätten „das Meiste nach der Erzählung aufgezeichnet“ kritisiert er in der Vorrede seines Werks, die er seinem Freund und Kollegen Areios widmet. Was hier allerdings schlicht rhetorisches Mittel und was Fakt ist, bleibt Dioskurides Geheimnis.

Karriere als Bestsellerautor

Klar ist: Als Dioskurides seine „De Materia Medica“ schreibt, bedient er sich auch aus den Schriften seiner Vorgänger. Das Einbauen von schon Bekanntem, auch ohne die Quelle ausdrücklich zu nennen, ist in der Antike jedoch nichts Verwerfliches, sondern durchaus gewollt und akzeptiert.

Sein umfassendes Werk wird schließlich zu einem Riesenerfolg. In der von Unsicherheiten und Lücken geprägten Biografie des Dioskurides ist das wohl die einzige historisch sicher belegte Tatsache.

  1. zurück
  2. |
  3. 1
  4. |
  5. 2
  6. |
  7. 3
  8. |
  9. 4
  10. |
  11. 5
  12. |
  13. 6
  14. |
  15. 7
  16. |
  17. weiter

Daniela Albat
Stand: 18.03.2016

Keine Meldungen mehr verpassen – mit unserem wöchentlichen Newsletter.
Teilen:

In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Antiker Pionier: Pedanios Dioskurides
Ein früher Wegbereiter der Pharmazie

Von Zaubermitteln und exotischen Zutaten
Arzneimittellehre in der Antike

Mediziner im Dienste des Militärs
Spekulationen über das Leben des Dioskurides

"De Materia Medica"
Geschichte eines pharmazeutischen Bestsellers

Kopiert, bebildert und bearbeitet
Ein Standardlehrbuch bis in die Neuzeit

Dioskurides aus heutiger Sicht
Wirkungsmächtiger Autor mit wirkungslosen Rezepten

Ehrung in der botanischen Taxonomie
Die Gattung Dioscorea

Diaschauen zum Thema

News zum Thema

Indianer-Heilmittel entpuppt sich als Keimkiller
In Kanada vorkommender Ton tötet selbst multiresistente Bakterien restlos ab

Neandertaler verwendeten schon Heilpflanzen
Forscher finden pflanzliche Arzneistoffreste in 50.000 Jahre altem Zahnstein

Kakao schützt Blutgefäße
Forscher kommen Wirkmechanismus auf die Spur

Homöopathie doch unwirksam?
Studie: Behandlungserfolge beruhen auf Placebo-Effekt

Dossiers zum Thema