Die Paläo-Abende liegen voll im Trend. Was bei Jägern und Sammlern auf den Tisch kam, das ist en vogue. Die vielen Kochbücher, Sendungen, Restaurants, die mit dem Slogan „Essen wie in der Steinzeit“ werben, zeugen davon. Und: Der moderne Mensch will sich gesünder, regionaler, möglichst auch nachhaltiger ernähren und Lebensmittel wie Milchprodukte und Getreide eher vermeiden. Steinzeitkost also, denn der Altsteinzeit-Mensch lebte von dem, was er fand oder erjagen konnte. Ackerbau und Viehzucht waren noch kein Thema.
Überleben war das Wichtigste
Aßen aber unsere Vorfahren wirklich gesünder als wir? Und wie nah kommen die Menüs der Paläo-Abende an den steinzeitlichen Speiseplan wirklich heran? Für Lutz Kindler greifen solche Fragen zu kurz. Ernährung in der Steinzeit – das hieß vor allem, das Problem der Essensbeschaffung zu lösen. „Hunger“, sagt der Wissenschaftler, „ist ein zentraler Motor der menschlichen Entwicklung.“
Dass tierisches Eiweiß und Fett prächtige Energielieferanten sind, wussten offenbar schon frühe menschenartige Wesen. Schon der Australopithecus könnte gezielt Tiere gejagt und gegessen haben. Bereits 3,4 Millionen Jahre alte Tierknochen aus Dikika in Äthiopien tragen Schnittspuren von Steinmessern – ihre Deutung als Werkzeugspuren ist allerdings umstritten. Nahezu gleich alt sind die ältesten Steinwerkzeuge aus Lomekwi am Turkanasee in Kenia.
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Kultur ging durch den Magen
Um Tiere erlegen zu können, die größer, stärker und schneller waren als sie, mussten die Steinzeitmenschen Strategien entwickeln: So gingen sie in der Gruppe jagen und fertigten geeignete Waffen. Die Entwicklung des menschlichen Soziallebens sowie erste technische Innovationen waren also direkt mit der Nahrungsmittelbeschaffung verknüpft.
Zudem entwickelten unsere Vorfahren im Zuge der Evolution einen für die Jagd geeigneten Körperbau: Die Beine wurden länger, der Körper richtete sich auf – gut um schnell zu laufen und Speere zu werfen.
Auch das Zubereiten und Haltbarmachen von Nahrung gehört zu den Fertigkeiten, die unsere Vorfahren im Laufe der Altsteinzeit entwickelten. An einer Fundstelle in Israel wurden vor etwa 800.000 Jahren Damhirsche ausgeweidet. „Die dort angewandte Praxis unterscheidet sich nicht von der in heutigen Metzgerbetrieben“, berichtet Kindler. Die ersten Gruben, in denen nahrhaftes Knochenmark ausgekocht wurde, sind 40.000 Jahre alt. Und auch Fleischspeisen wurden in paläolithischen Kochstellen zubereitet, wie verschiedene Fundstellen belegen.
Wiebke Peters/ Leibniz Journal
Stand: 22.01.2016