Um die möglichen Stromeinbußen bei schwachem Wind oder dunklem Himmel abfangen zu können, sind neben Solarzellen und Windrädern noch weitere Stromquellen nötig. In Deutschland sollen nach den bisherigen Plänen der Bundesregierung dazu vorerst noch die bestehenden Kohlekraftwerke einspringen und im Notfall die fehlende Regelleistung bringen. Die Kombikraftwerk-Versuche haben jedoch gezeigt, dass auch Biogasanlagen diese Lücken zum Teil stopfen können.
Batterien für das Stromnetz?
Darüber hinaus gibt es noch eine weitere wichtige Möglichkeit, die schwankende Stromproduktion aus erneuerbaren Energien zu stabilisieren. Während Wind- und Sonnenenergie im ungünstigen Fall wenig oder gar keine Energie ins Netz liefern, können sie bei gutem Wind und strahlender Sonne zu einer Überproduktion an Strom führen. Speichert man jedoch den überschüssigen Strom und speist ihn später ins Netz ein, lassen sich Schwankungen in der Produktion überbrücken.
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Doch Elektrizität lässt sich nicht so ohne weiteres wie Wasser in einen Tank füllen. Wie speichert man also Strom? Ein naheliegender Gedanke sind aufladbare Batterien, wie etwa die Lithium-Akkus im Laptop oder Mobiltelefon. Was jedoch in den relativ kleinen Batterien funktioniert, ist leider im industriellen Maßstab nicht möglich – noch nicht.
Stausee als Stromspeicher
Batterien sind aber zum Glück nicht die einzige Möglichkeit, elektrische Energie zu speichern. Bereits heute gibt es in Deutschland mehrere Pumpspeicher-Kraftwerke. Diese nutzen überschüssigen Strom aus dem Netz, beispielsweise nachts, wenn der Stromverbrauch im Land am geringsten ist. Zu diesen Zeiten treiben elektrisch betriebene Pumpen Wasser aus einem Reservoir in Tanks oder einen See, der höher am Berg liegt.
Steigt der Strombedarf im Netz wieder an, so kehrt sich der Prozess um: Das Wasser strömt aus dem höhergelegenen Reservoir über Leitungen wieder abwärts und treibt dabei Turbinen an, die Strom erzeugen. Die Spitzen im Strombedarf lassen sich teilweise aus diesem Speicher decken. Über diesen Umweg kann man den Strom zumindest vorübergehend durchaus „in einem Tank“ speichern.
Dabei entstehen allerdings Verluste – nicht die gesamte Energie lässt sich speichern und zurückgewinnen. Pumpspeicherkraftwerke haben einen Wirkungsgrad von etwa 70 Prozent, drei Zehntel der Energie gehen also verloren. Dennoch lohnt sich der Vorgang: Bei geringem Bedarf im Stromnetz ist der Strom billig, das Wasser bergauf zu pumpen kostet daher relativ wenig. Der anschließend bei hohem Verbrauch zurückgewonnene Strom lässt sich teurer verkaufen.
Druckluft statt Wasser
Ähnlich wie ein Pumpspeicherkraftwerk funktionieren Druckluftspeicher: Statt Wasser wird hier mit dem überschüssigen Strom Gas in einen Tank oder eine Vorratskaverne gepumpt und auf Druck gebracht. Im Gegensatz zu Pumpspeicherkraftwerken sind diese Speicher nicht auf Höhenunterschiede angewiesen und lassen sich daher auch im Flachland errichten. Allerdings sind ausreichend große Gaskavernen nötig. Dazu könnten zum Beispiel ehemalige Salzstöcke dienen, in denen heute bereits Erdgas gelagert wird.
Das wieder ausströmende Gas treibt dann Gasturbinen an, in denen ein Gemisch aus Luft und Methan verbrennt und Strom erzeugt. Ein Vorteil solcher Anlagen ist, dass sie sehr schnell hochgefahren werden können und auch zum Schwarzstart fähig sind. Damit sind sie gut geeignet, um auch kurzfristig auf plötzlich steigenden Strombedarf zu reagieren. Bislang sind weltweit jedoch erst zwei solcher Druckluftspeicher-Kraftwerke am Netz, eines davon ist das Kraftwerk Huntorf in Niedersachsen. Mit gut 320 Megawatt hat es etwa ein Viertel der Leistung eines typischen Kernkraftwerks.
Erneuerbare Erdgas-Alternative
Das in solchen Anlagen verbrannte Methan muss dabei keinesfalls aus Erdgas stammen. Es geht auch ohne fossilen Brennstoff: Mit dem überschüssigen Strom lässt sich durch Elektrolyse Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff spalten. Der Wasserstoff wiederum kann mit Kohlendioxid zu Methan oder Methanol umgesetzt werden. Diese „chemischen Speicher“ sind besonders geeignet, um Energie auch über längere Zeiträume zu speichern.
Das dazu nötige Kohlendioxid kann aus Industrieabgasen abgeschieden werden. Auf diesem Wege stellt das gewonnene Methan gewissermaßen eine klimaneutrale Alternative zum Erdgas da und kann ins bestehende Erdgasnetz gepumpt werden. Methanol ist ebenfalls ein möglicher Brennstoff oder Ausgangsmaterial für Biosprit. Dieser Ansatz ist keine bloße Zukunftsmusik: Eine Pilotanlage am Kohlekraftwerk Lünen fängt bereits CO2 aus dessen Abgasen ein und produziert daraus Methanol.
Ansgar Kretschmer
Stand: 18.09.2015