Nach einem Zwischenstopp in Lissabon und einem kurzen Abstecher nach Gibraltar begann die Reise der Challenger über den Atlantik. Zunächst besuchte das Schiff noch Madeira und die kanarischen Inseln, wo die Wissenschaftler an mehreren Stationen Messungen durchführten. Dann kam die lange Überfahrt in Richtung Karibik – allerdings immer wieder unterbrochen, um Proben zu sammeln und Wassertemperaturen zu messen. Diese wissenschaftlichen Experimente kosteten viel Zeit.
Harte Arbeit und drohende Langeweile
Beim Ausbringen des Sammelkorbs dauerte es rund eine Stunde, bis der Korb auf eine Tiefe von 1.200 Faden gesunken war. Das Wiedereinholen gegen den gewaltigen Wasserdruck in dieser Tiefe, immerhin etwa 2,2 Kilometer, dauerte weitere drei Stunden. Eine kleine Dampfmaschine an Deck erwies sich hierbei als große Erleichterung. Der Zeitaufwand für die Schleppnetze war ähnlich hoch. So verbrachte die Schiffsbesatzung leicht bis zu neun Stunden am Tag mit Messungen und Probensammeln. Während dieser Zeit bewegte sich das Schiff praktisch nicht vom Fleck.
Für die erfahrenen Seeleute war dies schier unerträglich, sie hatten das Gefühl, die Überquerung des Atlantik müsse viel schneller gehen. Im Kontrast zur harten Arbeit der Experimente drohte ihnen gähnende Langeweile. Der Kapitän hielt seine Mannschaft jedoch bei Laune: Nach besonders anstrengenden Tagen erhielten die Männer eine Extra-Ration Wein zugeteilt – jedoch nur, wenn die Experimente auch Material geliefert hatten und keine Schleppnetze oder anderes Gerät abgerissen und verloren gegangen waren.
Haustiere und frisches Essen
Die Wein-Rationen waren für ein Schiff ihrer Art untypisch, doch angesichts der langen Reise war auch die Kombüse der Challenger gut ausgestattet. Neben Wein gab es auch eingelegtes und frisches Gemüse und konserviertes Fleisch. Der Kapitän trug außerdem Sorge, dass die Mannschaft regelmäßig Zitronensaft erhielt, um Skorbut vorzubeugen. Außerdem nahm die Besatzung bei jeder Gelegenheit Trinkwasser und frische Nahrung an Bord. Einige Tiere wurden auch lebend an Bord gehalten, damit nicht nur getrocknetes oder gesalzenes, sondern ab und zu auch frisches Fleisch auf den Teller kam.
Aber nicht alle Tiere waren zum Schlachten da: Die Seeleute und Wissenschaftler hielten sich einige Haustiere und Maskottchen, darunter verschiedene Vögel, Schildkröten, Spinnen und einen echten Seebären. Besonders bekannt wurden die Anekdoten um einen in Madeira gekauften Papageien namens Robert. Dieser belegt, wie überraschend tief der Meeresboden oft für die Besatzung gelegen haben muss: Der Papagei rief zum Ende der Forschungsreise angeblich dauernd: „What? Two thousand fathoms and no bottom!“, also „Was? Zweitausend Faden und kein Grund!“.
Ansgar Kretschmer
Stand: 24.07.2015