Pluto ist ein Außenseiter im Sonnensystem – und dies nicht nur wegen seiner Position. Der inzwischen offiziell als Nummer 134340 geführte Kleinplanet tanzt gleich in mehrfacher Hinsicht aus der Reihe. Schon kurz nach seiner Entdeckung fragten sich daher die Astronomen: Woher stammt Pluto? Ist er wirklich ein Ergebnis von Planetenbildungsprozessen in der Urwolke wie die anderen Planeten auch? Oder ist er vielleicht doch ein Fremdling, ein Einwanderer?
Eiertanz um die Sonne: Plutos Orbit
Während die anderen Planeten mehr oder weniger in einer Ebene ihre Kreise oder gemäßigten Ellipsen ziehen, denkt Pluto gar nicht daran, sich diesem Schema zu fügen. Sein 248 Jahre dauernder Umlauf ist stattdessen nicht nur in einem Winkel von 17,14 Grad gegen die Ekliptik geneigt, er ist auch extrem exzentrisch. Im Laufe einer Umkreisung bewegt er sich dadurch mal innerhalb mal außerhalb der Neptunbahn.
Mit seinem Nachbarn verbindet den Pluto aber noch mehr: Sein Umlauf ist in einer so genannten 3:2 Resonanz mit dem Neptun gekoppelt. In der Zeit, in der sich der achte Planet dreimal um die Sonne bewegt, vollendet Pluto gerade seine zweite Umkreisung. Solche Resonanzen entstehen typischerweise durch Schwerkrafteinflüsse des jeweils größeren Partners.
Pluto als „verstoßener“ Bruder des Neptunmonds Triton?
Lange Zeit meinten die Astronomen darin ein Indiz für einen Ursprung des Pluto im Neptunsystem zu sehen. Sie hielten ihn für einen „Bruder“ des Neptunmonds Triton, der durch dessen Störwirkung aus dem System herauskatapultiert worden war. Dafür sprachen die stark gegen die Ekliptik gekippte Umlaufbahn, die scheinbar ähnlichen Größen der beiden Objekte und die auffallende Parallele zwischen der Orbitalperiode des Triton mit 5,9 Tagen und der Rotation des Pluto mit 6,4 Tagen. Nicht ins Bild passte dann allerdings der Mond Charon. Denn den konnte sich Pluto ja dann erst nach seiner „Verbannung“ zugelegt haben, also nicht schon in der Frühzeit des Sonnensystems.
Plutos wahre Geschwister
Licht in dieses Dunkel brachte in den frühen 1990er Jahren dann die überraschende Entdeckung weiterer „Geschwister“ des Pluto – nicht etwa zwischen den Planeten, sondern viel weiter draußen, am Außenrand des Sonnensystems. Hier, im so genannten Kuipergürtel, tummeln sich hunderte von Himmelskörpern, die in ihrer Größe teilweise dem Pluto ähneln. Viele dieser Objekte kreisen sogar in Umlaufbahnen um die Sonne, die ebenfalls in einer 3:2 oder 2:1 Resonanz zum Neptun stehen. Aufgrund ihrer Parallelen zum Pluto tauften die Astronomen sie „Plutinos“. Der Außenseiter des Sonnensystems war damit kein Einzelgänger mehr, er war plötzlich nur noch einer von vielen.
Als im Jahr 2003 mit „Eris“ sogar ein transneptunisches Objekt entdeckt wurde, das den Pluto an Größe noch übertraf, geriet sein Status als „echter“ Planet immer mehr ins Wanken. Zu diesem Zeitpunkt waren sich die Astronomen bereits darüber einig, dass auch Pluto einstmals zu den Plutinos gehört haben musste. Vermutlich wurde er, ähnlich wie sein „Bruder“ Triton, irgendwann aus seiner ursprünglichen Bahn im Kuipergürtel geschleudert und durch Schwerkraftwirkung von Neptun und Co. weiter innen auf seinem neuen Orbit festgehalten.
Ein Rätsel war damit gelöst. Für den Pluto allerdings waren diese Erkenntnisse fatal. Denn als bloßer „Plutino“ entlarvt, war nun sein Planetenstatus endgültig in Gefahr…
Nadja Podbregar
Stand: 01.07.2015