Als New Horizons losflog, war Pluto noch ein vollwertiger Planet: Am 19. Januar 2006 hob die Raumsonde an Bord einer Atlas V Trägerrakete in Cape Canaveral ab, um sich auf ihre mehr als neun Jahre lange Reise zu machen. Vermutlich war das auch das Glück für die Mission. Denn möglicherweise wäre dieser aufwändige Trip zu einem bloßen Zwergplaneten gar nicht finanziert worden.
Thermoskanne und Winterschlaf
Die vier Milliarden Kilometer lange Reise führt die konzertflügelgroße Sonde in ein Gebiet, in der die Sonne nicht mehr als ein heller Stern am Himmel ist. Ihr Licht ist hier, am Rand des Kuipergürtels, tausend Mal schwächer als auf der Erde. Deshalb ist New Horizons auch speziell an extreme Kälte und Dunkelheit angepasst: Sie besitzt statt der Sonnensegel einen kleinen thermoelektrischen Reaktor, in dem radioaktives Isotop für Energie sorgt. Die Sonde benötigt weniger Strom als zwei 100-Watt-Glühlampen, um ihre Mission durchzuführen.
Um Energie zu sparen, hat New Horizons zudem weite Strecken ihrer Reise im „Winterschlaf“ verbracht: Zwischen Jupiter und Pluto wurde die Sonde nur einmal pro Jahr aufgeweckt, um alle Systeme zu prüfen und wenn nötig den Kurs zu korrigieren. Den Rest der Zeit legte sie „schlafend“ zurück. Der Rumpf der Sonde ist zudem wärmeisolierend wie eine Thermoskanne, dadurch benötigt sie keine zusätzlichen Heizaggregate. Alle Instrumente sind zudem ohne bewegliche Teile konstruiert – das macht sie weniger sensibel für den Frost.
Getrieben nur vom eigenen Schwung
Um die entlegene Region überhaupt zu erreichen, musste die Sonde die Schwerkraft des Jupiter nutzen, um sich zusätzlich Schwung zu holen. Seither fliegt sie ohne Antrieb in Richtung Pluto – ihre Düsen werden nur für Kurskorrekturen eingesetzt. Diese allerdings erfordern einige an Vorlaufzeit, denn ein Radiosignal benötigt mehr als vier Stunden von uns bis zur Raumsonde.
Vor wenigen Tagen erst entschied die NASA, dass New Horizons von nun an bis zum 14. Juli ohne Kurskorrekturen weiterfliegen kann, denn die Aufnahmen der Sonde ergaben keinerlei Hinweise auf Staubringe oder andere Hindernisse auf ihrem Weg. „Wir haben eine kollektiven Erleichterungs-Seufzer losgelassen, als klar war, dass der Weg frei ist“, berichtet Jim Green, Leiter der Planetenforschung der NASA. „Denn die wissenschaftliche Ausbeute wird auf der ursprünglichen Flugbahn reichlicher sein.“
Was passiert bei der Ankunft?
Einmal am Pluto angekommen, wird New Horizons den Zwergplaneten in gut 9.000 Kilometern Höhe passieren. Am großen Mond Charon fliegt sie mit rund 27.000 Kilometern Entfernung vorbei. Mit sieben verschiedenen Spektrometern, Kameras und Detektoren ausgerüstet, könnte die Sonde dabei endlich die vielen Lücken im Wissen über Pluto und seine Begleiter füllen. Denn so nah ist ihm zuvor noch nie ein Raumfahrzeug gekommen.
Geplant sind Untersuchungen der Oberflächenbeschaffenheit, der Geologie und internen Struktur, sowie der Atmosphäre. Die Sonde soll unter anderem gezielt in den Schatten des Kleinplaneten eintauchen und dabei das durch die Atmosphäre fallende Licht einfangen und mithilfe ihres „Alice“-Spektrometers analysieren. Parallel dazu registriert ein weiteres Instrument an Bord, wie stark die von der Erde an die Sonde gesendeten Radiowellen durch die Atmosphäre gebeugt werden. Dies erlaubt einen Rückschluss auf die durchschnittliche molekulare Masse und die Temperatur der Gashülle.
Nachdem New Horizons das Plutosystem passiert hat, wird sie weiter in Richtung Kuipergürtel fliegen und dabei die gesammelten Daten an die Erde senden. Weil sie nur rund 700 Bits pro Sekunde übermitteln kann, wird es wahrscheinlich rund neun Monate dauern, bis alle wissenschaftlichen Daten von der Bodenstation aufgefangen wurden.
Nadja Podbregar
Stand: 09.07.2015