Aus Ermangelung an besseren Alternativen gilt das Szenario der kosmischen Inflation heute schon fast als die Standarderweiterung der Urknalltheorie. Sie ist die bisher gängigste Erklärung für das, was unmittelbar nach dem Urknall geschah. Denn immerhin bietet die Inflation überzeugende Lösungen sowohl für das Horizont- als auch das Flachheits-Problem.
Ein winziger ausgeglichener Fleck reicht
So kann die Inflation erklären, warum das Universum heute so gleichförmig ist und warum die Hintergrundstrahlung überall gleich kalt ist: Es reicht aus, dass vor der Inflation nur ein winziges Gebiet im Urkeim des Universums eine ausgeglichene, uniforme Temperatur entwickelte. „Weil diese Region so klein war, reichte die Zeit, um dies durch alltägliche physikalische Prozesse zu erreichen – die gleichen, durch die heute auch eine Tasse Kaffee auf Raumtemperatur abkühlt“, sagt Alan Guth.
Der Prozess der Inflation vergrößerte diese Region dann in Sekundenbruchteilen so stark, dass sie das komplette von uns beobachtbare Universum umfasst. Unser Babyuniversum bekam so eine ziemlich einheitliche, wenn auch noch sehr hohe Temperatur mit auf den Weg, dessen Relikt wir heute als Hintergrundstrahlung messen können. „Keine andere Theorie kann erklären, warum das Universum im Großen so uniform ist, aber trotzdem genau die ‚Körnung‘ enthält, die wir in der Hintergrundstrahlung und der Verteilung der Galaxien sehen“, konstatiert der britische Physiker John Gribbin.
Durch Dehnung entschrumpelt
Und auch das Flachheits-Problem lässt sich mit der Inflation umgehen: Die Krümmung des Universums erscheint uns nur deshalb als flach, weil es sich so schnell und stark ausgedehnt hat. Gribbin vergleicht diesen Effekt mit einer Trockenpflaume, die gewässert wird: Nach einer Weile glätten sich die Falten und die Oberfläche des anfangs schrumpeligen Gebildes wird glatt. Diese Glättung geschieht unabhängig davon, wie glatt oder schrumpelig die Trockenpflaume vorher war – am Ende ist ihre gewässerte Haut in jedem Fall glatt.
Physikalischer ausgedrückt: Die Gleichung, die beschreibt, wie sich das Verhältnis von Dichte zu Expansion entwickelt hat, erlebt während der Inflation eine Vorzeichenumkehr. Statt aus dem Fast-Gleichgewicht zu kippen, wird der Wert dadurch sehr schnell bis nahe an die kritische Massendichte von eins herangetrieben. „Es ist damit nicht mehr notwendig, von einem anfänglichen Wert extrem nahe an eins auszugehen“, so Guth. Dadurch umgeht man den Widerspruch zur Allgemeinen Relativitätstheorie.
Nadja Podbregar
Stand: 22.05.2015