Noch ist die kosmische Inflation nicht mehr als eine Theorie, denn nach Beweisen dafür suchen Astrophysiker und Astronomen bisher vergeblich. Im März 2014 sah es allerdings kurzzeitig so aus, als wäre der lange gesuchte Beleg endlich gefunden – in dem komplexen Muster der kosmischen Hintergrundstrahlung.
Diese Strahlung wurde rund 380.000 Jahre nach dem Urknall frei, in der Zeit, als sich die ersten Atome bildeten. Das ist zwar lange nach der Phase der Inflation, aber Folgen der Inflation müssten sich nach Ansicht vieler Kosmologen auch damals noch bemerkbar gemacht haben. Gängiger Theorie nach löste die plötzliche Ausdehnung des Universums Gravitationswellen aus, die den Raum verzerrten. Dies wiederum beeinflusste die Schwingungsrichtung der Hintergrundstrahlung – und müsste daher Spuren in ihrem Polarisationsmuster hinterlassen haben.
Ein verräterisches Signal
Mit Hilfe des BICEP2-Array, einem am Südpol stehenden Mikrowellen-Teleskop, hatten John Kovac vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics und sein Team lange nach den verräterischen Polarisationspuren der Inflation gefahndet. Die größte Schwierigkeit besteht dabei darin, die von den frühen Gravitationswellen ausgelösten Muster von denen der unzähligen Störeinflüsse zu unterscheiden.
Im März 2014 aber schien es endlich soweit zu sein: Das BICEP2-Array hatte in den kurvigen Formen der sogenannten B-Modi des Polarisationsmusters eine Signatur entdeckt, die von Gravitationswellen stammen könnten. „Wir haben damit das erste direkte Bild von Gravitationswellen im primordialen Himmel“, verkündete damals BICEP2-Team-Mitglied Chao-Lin Kuo von der Stanford University. Das Signal war sogar viel stärker als erwartet. „Dies ist ein völlig neues und unabhängiges Stück kosmologischen Beweises, dass das Bild der Inflation zusammenpasst“, kommentiert Guth begeistert diese Entdeckung.
Staub statt Gravitationswellen
Aber die Freude war verfrüht. Obwohl die Forscher ihre Daten drei Jahre lang immer wieder überprüft und reanalysiert hatten, war ihre Interpretation der Muster falsch: Nicht Gravitationswellen der Inflation, sondern interstellarer Staub hatte die von Kovac und seinen Kollegen beobachteten Polarisationsmuster ausgelöst, wie Messungen des Planck-Weltraum-Teleskops ergaben.
Eine weitere Studie zeigte auch, wie der Staub diese Pseudo-Gravitationswellen-Muster hervorbringt: Wenn das Licht der Hintergrundstrahlung Galaxiencluster und Staub in Vordergrund passiert, beeinflusst dies die Schwingung des Lichts und wandelt eine weitere Art von Polarisationsmustern, die E-Modi, in B-Modi um. Das aber macht es extrem schwer, das schwache Signal der von der Inflation erzeugten B-Modi aus diesen nachträglichen Veränderungen herauszulesen.
Die Suche geht weiter
Immerhin: Trotz dieses Störeffekts könnte die kosmische Hintergrundstrahlung dennoch den lange gesuchten Beweis für die Inflation liefern. Denn wenn klar ist, wie die vom Staub erzeugten B-Modi aussehen, lassen sie sich herausfiltern. Dann könnte das schwache Signal der primordialen Gravitationswellen zutage treten – wenn es sie denn gegeben hat.
Seither könnten Forscher tatsächlich Hinweise auf ein echtes Signal der Inflation gefunden haben, wie sie berichten. Das Muster ist bisher aber zu schwach und uneindeutig, um als signifikant zu gelten. Die Daten können daher eine Inflation weder belegen noch ausschließen. Die Forscher der BICEP2-Kollaboration jedenfalls lassen sich nicht entmutigen und suchen weiter.
Nadja Podbregar
Stand: 22.05.2015