Verglichen mit anderen radioaktiven Elementen wie Radium ist Uran nur relativ schwach radioaktiv. Die langen Halbwertszeiten der Uran-Isotope bedeuten, dass ein Nuklid nur relativ selten zerfällt und dabei strahlt. Außerdem senden die natürlichen Uran-Isotope vor allem Alpha-Strahlung aus. Diese Art von ionisierender Strahlung lässt sich bereits mit einem Blatt Papier aufhalten. Die Haut oder Kleidung eines Menschen kann sie nicht durchdringen.
Katastrophale Schäden am Erbgut
Gelangt derart radioaktives Material jedoch in den Körper, etwa mit eingeatmetem Staub oder als im Trinkwasser gelöste Uransalze, so richtet die Alpha-Strahlung schwere Schäden an. Sie zerstört wichtige Biomoleküle, was vor allem beim Erbgut katastrophale Folgen haben kann: Sind die zentralen Informationen im Kern einer Zelle defekt, so kann die Zelle nicht mehr ordentlich funktionieren und stirbt ab. Wenn eine hohe Strahlendosis zu viele Zellen tötet, führt dies im Extremfall zum Tod durch Organversagen.
Selbst wenn die Dosis nicht sofort tödlich wirkt, ergeben sich Spätfolgen. Fehler im Erbgut können Mutationen bewirken, die schließlich Krebs auslösen können. Dieses Risiko ist besonders hoch, wenn Uran über einen längeren Zeitraum in den Körper gelangt und sich dort einlagert. Dann besteht nicht nur Gefahr für das eigene Erbmaterial: Nehmen Eizellen oder Samenzellen Schaden, so wächst auch das Risiko von Fehlbildungen und Folgekrankheiten bei neugeborenen Kindern.
Nierenschädigendes Schwermetall
Als gefährlich galten lange allein die wasserlöslichen Uranverbindungen. Die unlöslichen Oxide, so die Annahme, verblieben an Ort und Stelle im Gestein und stellten nur ein geringes Risiko dar. Allerdings ist Uran auch durch eigentlich unlösliche Schwebeteilchen im Wasser sehr mobil und wird so stärker in der Umwelt verbreitet, als lange Zeit angenommen wurde.
Zusätzlich zur Radioaktivität ist Uran ein giftiges Schwermetall. Wenn es im Körper eingelagert wird, greift es dadurch besonders die Nieren an. Dies kann sowohl langfristige als auch akute Vergiftungserscheinungen nach sich ziehen.
Vormals betrafen diese Gesundheitsrisiken vor allem Arbeiter in Uranminen. Betroffen sind jedoch auch Menschen, die in der Nähe der Abraumhalden aus dem Uranbergbau leben. Auch in Gebiete weit abseits davon gelangte das Schwermetall jedoch durch eine Erfindung der Rüstungsindustrie: Munition aus sogenanntem abgereicherten Uran.
Uranmunition: Jahrzehntelang Folgeschäden
Dabei handelt es sich um panzerbrechende Geschosse, die gewissermaßen aus den Abfällen der Urananreicherung bestehen, dem nicht-spaltbaren Uran-238. Die Einsätze der US-Streitkräfte im Irak mit solcher Munition sind besonders bekannt, aber auch die Armeen von Staaten wie Großbritannien, Frankreich, Israel, Russland, China Kuwait und Irak verwenden solche Geschosse.
Metallisches Uran hat eine um zwei Drittel höhere Dichte als Blei. Wegen dieser hohen Dichte entfaltet ein Geschoss daraus viel mehr Wucht als andere Munition und wirkt daher auch gegen gepanzerte Ziele. Beim Durchschlagen der Panzerung zersplittert ein Urangeschoß in eine Wolke aus feinstem Staub und entfaltet eine weitere tödliche Eigenschaft: Fein verteiltes Uranpulver entzündet sich an der Luft.
Die verbrannte Asche und übriger Uranstaub sind nach wie vor radioaktiv und giftig. Diese Spuren verteilen sich am Kriegsschauplatz, der feine Staub dringt leicht überall ein und kann auch eingeatmet werden. Mit dem Regen gelangt er schlimmstenfalls bis ins Grundwasser. Auf diesen Wegen kann das Uran noch jahrzehntelang Folgeschäden hervorrufen.
Ansgar Kretschmer
Stand: 20.02.2015