Das Wiederansiedlungs-Projekt am Steinhuder Meer ist bislang sehr erfolgreich: „Die Europäischen Nerze kommen im Ansiedlungsgebiet sehr gut zurecht, wie Telemetriedaten und Beobachtungen zeigen“, berichtet Eva Lüers. Strenge Winter überleben die Tiere problemlos. Ein weiteres Erfolgsindiz: Freigelassene Tiere nutzen fast schlagartig nicht mehr das Futter, das ihnen noch tagelang weiter angeboten wird.
Bislang kamen zudem kaum Nerze zu Tode. Pro Jahr wurden durchschnittlich zwei bis drei Tiere tot aufgefunden. „Die Überlebensrate ist somit als recht hoch einzuschätzen und dürfte nicht unter der einer freilebenden Population liegen“, sagt Lüers. Eines der 36 Sender tragenden Tiere biss ein Fischotter tot, „eine große Ausnahme“, so Lüers, „der Hauptprädator bei uns im Gebiet ist wahrscheinlich der Fuchs“. Zwei abwandernde Nerze fielen Autofahrern zum Opfer.
Andere bezogen planmäßig Reviere am See. Wie überall in der Natur gab es auch Unvorhergesehenes: Mal ließ eine Fähe ihre Jungen im Stich und tummelte sich in den Vorgärten der Dörfer, wo sie am Ende eingefangen wurde, mal verlor sich der Funkkontakt zu einem Rüden, der nach unbekannt abgewandert war.
Warten auf Nachwuchs
Auf den ultimativen Erfolgsnachweis warten die Nerzschützer noch: die Sichtung von Nachwuchs. „Äußerst schwierig“ sei das, so Lüers. „Selbst bei täglicher Telemetrie bekommen wir die Tiere manchmal wochenlang nicht zu Gesicht, trotz Kenntnis des Aufenthaltsortes.“ Sumpfiger Bruchwald und Verlandungszonen am See sind ideal für den Nerz, aber für Menschen kaum betretbar.
Automatische Kamerafallen, die per Bewegungsmelder auslösen, helfen auch nicht, denn die Nerze haben anders als Baummarder oder Luchs keine individuelle Fellmusterung. Darum helfen Fotos nicht, einzelne Individuen zu bestimmen und freigelassene Tiere von in Freiheit geborenen abzugrenzen. Was noch fehlt, sind folglich Aufnahme oder Sichtung eines Muttertieres, das seinen Nachwuchs zum Jagdunterricht ausführt.
Renaturierung nicht nur für die Nerze
Die Naturschützer haben am Steinhuder Meer ihren Teil geleistet, nicht nur für den Nerz: 160 Wiesentümpel wurden in den vergangenen 15 Jahren angelegt. „Aber der Nutzungsdruck auf den See ist hoch“, sagt Thomas Brandt. Im Sommer kommen bis zu 8.000 Gäste am Tag an Niedersachsens größten Binnensee. Allein über 3.000 Segelboote liegen an den Stegen von Mardorf und Steinhude – von November bis März ständig, denn dann gilt zum Schutz der Rastvögel Fahrverbot.
Grüne Verlandungszonen umgürten den Flachsee, der im Mittel nur 1,5 Meter tief ist. An seinen tiefsten Stellen sind es gerade mal drei Meter – für die Segelsportler und Fischer reicht das. Den See, der erst vor 15.000 Jahren entstand, speist vor allem Grundwasser. Den Wasserüberschuss transportiert der naturnahe Meerbach ab, der bei Nienburg in die Weser mündet.
Das „Tote Moor“ am Ostufer hat der Torfabbau größtenteils zerstört, viele Feuchtwiesen fielen mit der Intensivlandwirtschaft trocken, artenarmes Grünland entstand. Einige hundert Hektar Hochmoorflächen wurden inzwischen wiedervernässt und renaturiert. Sonnentau, Wollgras und Rosmarinheide machen sich breit, Moorspezialisten wie Kreuzotter, Schwarzkehlchen und Ziegenmelker finden dort ihr Idealbiotop. Anderswo eher nicht. Auch Teile des 310 Quadratkilometer großen Naturparks „vermaisen“ für den Biogasboom. „Wo es früher Schlingnattern, Kreuzkröten und Zauneidechsen gab, ist heute nur noch Mais“, kritisiert Brandt.
Kai Althoetmar
Stand: 30.01.2015