Aber auch unter natürlichen Bedingungen ist Licht nicht völlig unbeeinflusst von seiner Umgebung: Es geht durchaus Wechselwirkungen mit Materie ein – wie wir im Alltag ständig beobachten können. So wird es beispielsweise an der Grenze zwischen zwei verschiedenen Materialien gebrochen oder reflektiert. Diesem Verhalten haben wir Himmelsphänomene wie den Regenbogen oder die bunte Korona um manche Wintermonde zu verdanken. Der blaue Himmel beweist zudem, dass Licht auch gestreut werden kann.
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Schwerkraft und das gekrümmte Licht
Noch viel fundamentaler aber ist die Wirkung der Schwerkraft auf das Licht, die Albert Einstein schon 1915 in seiner Allgemeinen Relativitätstheorie darlegte. Demnach bildet die Raumzeit eine Art Matrix für den gesamten Kosmos. Die Gravitation krümmt diese Raumzeit – bei massereichen Objekten mehr, bei leichteren wenigen. Diesem Gefälle im Gefüge des Universums muss auch das Licht folgen – es wird auf ein massereiches Objekt hingelenkt.
Den Beweis für diesen Effekt lieferte am 29. Mai 1919 eine Sonnenfinsternis. Forscher waren dafür eigens nach Westafrika gereist, denn die Verdunkelung der Sonne sollte nun endlich zeigen, ob Einstein tatsächlich Recht hatte. Stimmte seine Theorie, dann müsste die Schwerkraft der Sonne das Licht fern hinter ihr stehender Sterne ein wenig ablenken. Diese Ablenkung müsste sich darin zeigen, dass die scheinbare Position des Sterns am Himmel leicht gegenüber seiner normalen Position verschoben ist, wenn sein Licht direkt am Sonnenrand vorbeistrahlt.
Und tatsächlich zeigten die während der Sonnenfinsternis belichteten Fotoplatten genau diese winzige Ablenkung. Diese Bestätigung von Einsteins Theorie war nicht nur in Physikerkreisen eine Sensation, sie machte ihn auch in der breiten Öffentlichkeit zu einem Popstar der Wissenschaft. So titelte die New York Times kurz darauf: „Lichter am Himmel alle schief – Einsteins Theorie triumphiert“.
Kosmische Linsen
Dass Einsteins Theorie stimmt, lässt sich besonders gut an Gravitationslinsen beobachten – massereichen Galaxien, die das Licht ferner Himmelskörper beugen und verzerren – ähnlich wie eine Linse in optischen Instrumenten. Schon Einstein sagte voraus, dass solche Schwerkraft-Zentren das Licht des in einer Linie hinter ihnen liegenden Objekts so verzerrt und ablenkt, dass sich dessen Licht wie ein Ring um die Galaxie legt – der heute nach ihm benannte Einsteinring.
Ein vollkommener Einsteinring ist allerdings ein seltenes Phänomen, denn dafür müssen Galaxie, Hintergrundobjekt und Beobachtet genau auf einer Linie aufgereiht sein. Einen dieser seltenen Ringe entdeckten Astronomen im Oktober 2013 um eine Zwerggalaxie in 9,4 Milliarden Lichtjahren Entfernung. Diese Gravitationslinse ist damit nicht nur bisher entfernteste Objekt dieser Art, sie ist auch eines der wenigen Beispiele für eine perfekte Aufreihung.
Rückschlüsse über Dunkle Materie
Der von Einstein postulierte Linseneffekt ist heute längst ein wertvolles Werkzeug der Astronomie. Denn die Stärke der Linsenwirkung einer Galaxie verrät, welche Masse und damit Schwerkraft sie besitzt. Forscher können so auch ermitteln, welchen Anteil die nicht sichtbare Dunkle Materie an der Gesamtmasse einer solchen Galaxie hat. Vor wenigen Jahren gelang es damit sogar erstmals, die Verteilung der Dunklen Materie über große Bereiche des Himmels zu vermessen.
Außerdem aber wirkt eine solche Gravitationslinse wie ein natürliches Teleskop, weil sie die Lichtquelle im Hintergrund vergrößert und verstärkt. Dadurch lassen sich auch ferne Objekte noch untersuchen, für die die Auflösung normaler Teleskope nicht ausreicht.
Nadja Podbregar
Stand: 16.01.2015