Jährlich ereignen sich weltweit etwa 50 normale Vulkanausbrüche, aber nur selten hat einer davon weltumspannende Folgen. Im Jahr 1991, als der Pinatubo auf den Philippinen ausbrach, registrierten die Klimaforscher einen globalen Temperaturrückgang um 0,5 Grad Celsius. Weitaus gravierender waren die Konsequenzen, als 1815 der Tambora auf Indonesien explodierte. Es kam zu einer weltweiten Kältewelle, in deren Gefolge die mittlere Temperatur in Europa um 2,5 Grad Celsius absank.
Ein echter Supervulkan aber ist zuletzt vor 74.000 Jahren ausgebrochen – der Toba auf Sumatra. Seine Explosion hinterließ eine Caldera von 100 Kilometern Länge und 60 Kilometern Breite, die heute größtenteils vom Toba-See bedeckt wird. Damals wurden schätzungsweise 3.000 Kubikkilometer vulkanisches Material hervorgeschleudert.
Knapp an der Ausrottung der Menschheit vorbei
Durch die emporgestiegene Asche hat sich das Weltklima vermutlich um fünf Grad Celsius abgekühlt – ein vulkanischer Winter war die Folge. Ein solcher Temperatursturz würde dafür sorgen, dass in Westeuropa, wo heute dank des Golfstromes relativ milde Verhältnisse herrschen, ein Klima wie in Sibirien einkehren würde. Nach einer Theorie von Stanley Ambrose von der Universität von Illinois in Urbana-Champaign könnte der vulkanische Winter nach dem Ausbruch des Toba sogar die Menschheit an den Rand des Aussterbens gebracht haben.
Mithilfe genetischer Analysen haben Wissenschaftler herausgefunden, dass die Menschheit vor ungefähr 70.000 bis 80.000 Jahren tatsächlich eine drastische Verringerung ihrer Populationsdichte erlebt hat. Aus Vergleichen genetischer Mutationsraten schließen Forscher, dass damals möglicherweise nur wenige tausend Menschen überlebten.
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War der Toba-Vulkan tatsächlich schuld?
Aber war der Vulkan wirklich der Schuldige? Anfang 2011 hat ein Forscherteam um Claudia Timmreck vom Max-Planck Institut für Meteorologie diese Frage eingehender untersucht. Die Forscher nutzten ein globales Klimamodell, um die Folgen der Toba-Eruption zu simulieren. Zum ersten Mal berücksichtigten sie dabei auch die kleinmaßstäbigen Wechselwirkungen zwischen den ausgeschleuderten Schwefelpartikeln.
Dabei zeigte sich, dass die Sulfat-Aerosole in der Atmosphäre dazu neigen, zusammenzuklumpen. Die größeren Teilchen werden zu schwer und sinken damit allmählich aus der Atmosphäre nach unten ab. Nach Berechnungen der Forscher wäre der Höhepunkt dieses Prozesses vier Jahre nach dem Ausbruch des Toba erreicht worden. Der vulkanische Winter fiel daher vor rund 74.000 Jahren weniger drastisch aus als bisher angenommen. Demnach kann die Eruption des Toba maximal eine Reduktion der globalen Mitteltemperaturen um 3,5° Celsius bewirkt haben – und nicht eine Abkühlung um zweistellige Gradbeträge, wie teilweise postuliert.
Der Schuldige bleibt flüchtig
Der abkühlende Effekt hielt zudem nicht mehrere Dekaden oder gar Jahrhunderte an, sondern weniger als ein Jahrzehnt, wie die Forscher berichten. Damit schwindet die Wahrscheinlichkeit, dass der Ausbruch des Toba schuld an der drastischen Dezimierung der menschlichen Gattung war. Möglicherweise muss nun ein anderer Schuldiger gesucht werden. Klar bleibt aber: Der Ausbruch eines Supervulkans ist eine echte Katastrophe.
Nadja Podbregar
Stand: 21.11.2014