Umwelt

Ermittlungsarbeit im Regenwald

Geheimdienst-Methoden gegen skrupellose Holzfäller

Umweltschützer legen den Begriff „Ökoterrorismus“ anders aus als die polizeilichen Ermittler: Der tatsächliche Terror richte sich gegen die Natur. In wesentlich größerem Maßstab als in den Wäldern der USA geschieht solcher Raubbau in den Regenwäldern Südamerikas. Zwar fiel in den vergangenen zehn Jahren deutlich weniger Urwald der Kettensäge zum Opfer als noch zuvor, aber dennoch roden Holzindustrie und Landwirtschaft jährlich riesige Flächen – In Brasilien allein fast 6.000 Quadratkilometer im Jahr 2013.

Und nicht alles davon geschieht mit Genehmigung, wie Greenpeace-Mitglieder in Brasilien mit Hightech-Ermittlungsmethoden aufdeckten. Ihr Einsatz im Amazonasgebiet erinnert an die Handlung eines Agententhrillers: Im Bundesstaat Pará im Norden Brasiliens tarnten sich die Umweltschützer als unbeteiligte Reisende und mischten verdeckt sich unter die Holzfäller.

High-tech gegen Holzfäller

Über einen Zeitraum von rund zwei Monaten erfuhren sie so mögliche Orte, an denen illegal Holz im Regenwald geschlagen werden könnte. So fuhren etwa mehrere Lastwagen in Waldgebiete, die Eigentum der Regierung sind. Was fehlte, waren jedoch vorzeigbare Beweise. In einem nächsten Schritt brachten die Greenpeace-Ermittler darum versteckte GPS-Sender an mehreren Holztransportern an, die an den verdächtigten Aktivitäten beteiligt waren.

Gerodete Waldflächen im Amazonasgebiet. © NASA

Mithilfe von Satellitenüberwachung ließ sich anhand der Sender eindeutig feststellen: Die Lastwagen fuhren tagsüber tief in Regenwaldgebiete, in denen keinerlei Genehmigungen zum Holzfällen erteilt worden waren. Im Schutz der Nacht kamen sie dann mit Holz beladen wieder heraus und lieferten die gefällten Bäume an ein Sägewerk in der Region – bis zu 80 solcher Transporte zählten die Aktivisten pro Nacht. Die Sender zu platzieren war dabei für die Umweltschützer nicht gerade einfach: Einerseits mussten die Geräte natürlich unentdeckt bleiben, andererseits aber auch so angebracht sein, dass sie ein klares Signal lieferten. Zwei aufgezeichnete Fahrtrouten der Holztransporte präsentiert Greenpeace in einer interaktiven Karte.

Gefahr für Aktivisten

Diese Daten ermöglichten polizeiliche Ermittlungen – das Sägewerk wurde durchsucht, die Untersuchung gegen illegalen Holzabbau dauert noch an. Die offiziellen Papiere des Sägewerks lieferten weitere Unregelmäßigkeiten: Nach diesen Angaben stammte das Holz von völlig anderen Stellen, als die GPS-Verfolgung ergeben hatte. Um ganz sicher zu gehen, überprüften die Greenpeace-Aktivisten auch die in den Papieren angegebenen Orte im Regenwald. Dort fanden sie zwar in der Tat genehmigte Holzfällercamps vor – tatsächliche Arbeit fand dort jedoch nicht statt.

Mit ihrer Aktion brachten die Aktivisten auch sich selbst in Gefahr: Um ihre Interessen zu schützen, schrecken die Holzfäller offenbar auch vor Mord nicht zurück. Dies zeigt das Schicksal von Edwin Chota vom indigenen Volk der Asháninka. Jahrelang setzte er sich dafür ein, dass den Asháninka auch offiziell die Landrechte über ihr Siedlungsgebiet verliehen werden. So könnte sein Volk selbst entscheiden, wie und von wem ihr Land genutzt werden darf. Dabei geriet Chota mit Holzfällertrupps und Drogenschmugglern aneinander – den einen liefert die abgelegene Gegend auch ohne Genehmigung billigen Nachschub, die anderen überqueren hier unbeobachtet die Grenze.

Mord und Korruption

Chota brachte die Behörden auf die Spur von Holzdieben und zog so deren Zorn auf sich. Erst versuchten sie noch vergeblich, Chota zu bestechen. Dann folgten Morddrohungen gegen ihn, seine Familie und die ganze Gemeinde. Am 1. September 2014 schließlich wurde Chota zusammen mit drei anderen Asháninka erschossen. Die genauen Umstände dieses Mordes sind noch unklar: Weil das Heimatdorf Saweto so abgelegen liegt, dauerte es sechs Tage, bis die Polizei von dem Verbrechen erfuhr. Der Verdacht besteht jedoch, das Chota und seine Mitstreiter aus Rache regelrecht hingerichtet wurden. Ohne ihren charismatischen Anführer droht der Asháninka-Gemeinde nun das Ende.

Aus einem Bericht der Weltbank aus dem Jahr 2012 geht hervor, dass rund 80 Prozent des Holzes in Peru illegal erwirtschaftet werden. Selbst wenn dort Holzfäller ohne Genehmigung erwischt und angeklagt werden, erhalten sie oft beschlagnahmte Ausrüstung und geschlagenes Holz anschließend ohne weitere Folgen zurück – die Holzindustrie ist einflussreich, und Korruption erledigt den Rest. Edwin Chota zahlte dafür mit dem Leben.

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Ansgar Kretschmer
Stand: 31.10.2014

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Ökoterrorismus
Wer terrorisiert wen?

Brandstiftung zum Schutz der Wälder
Umweltschützer im Visier der Terroristenjäger

Heiligt der Zweck die Mittel?
Sabotage im Namen der Natur

"Schnappt sie euch!"
Terror gegen Tierquäler

Ermittlungsarbeit im Regenwald
Geheimdienst-Methoden gegen skrupellose Holzfäller

Neptuns Navy im Kampf für die Wale
Radikaler Umweltschutz auf hoher See

Seeschlachten im Südpolarmeer
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