Die Organismen der tiefen Biosphäre müssen abgehärtet sein, denn ihre Lebensbedingungen sind extrem: Hunderte Meter tief unter der Erdoberfläche ist es dunkel, ziemlich eng und meist auch relativ heiß – oder aber sehr kalt. Nahrung ist in dieser Tiefe auch eher rar, denn das Gestein enthält im Vergleich zum Boden oder frisch abgelagerten Meeressedimenten deutlich weniger organische Bestandteile. Mit Ausnahme von extrem nährstoffarmen marinen Sedimenten ist die tiefe Biosphäre zudem ein sauerstofffreier (anoxischer) Lebensraum.
Wenn „lebensfreundlich“ tödlich ist
Die Bewohner dieser „Unterwelt“ haben sich im Laufe der Evolution an diese extremen Bedingungen angepasst. Sie vertragen große Hitze oder Kälte und erzeugen ihre Energie auch ohne Licht oder organische Nahrung. Dafür aber sind die für uns normalen Oberflächenbedingungen für diese Spezialisten oft sogar tödlich.
So sind die in der Tiefe lebenden Organismen sind nicht nur auf ein Leben ohne Sauerstoff eingestellt, für sie ist er sogar extrem schädlich. Wollen Forscher diese Organismen lebendig bergen, müssen sie Proben möglichst komplett von der Umgebungsluft isoliert entnehmen, lagern und verarbeiten. Eine Beprobung geschieht daher zum Beispiel in einer mit Stickstoff gefüllten Glovebox. Über die angesetzten Handschuhe können Arbeiten am Bohrkern durchgeführt werden ohne dass Sauerstoff an die sensiblen Organismen gelang. Solche Maßnahmen jedoch bringen einen hohen logistischen Aufwand mit sich – oder erfordern viel Improvisation.
Leben in Zeitlupe
Das Leben in der tiefen Biosphäre läuft zudem auf Zeitskalen ab, die für Menschen nur schwer vorstellbar sind. Während sich eine Mikrobenzelle im Labor mehrmals in der Stunde teilt, teilt sich eine Zelle in der tiefen Biosphäre unter Umständen nur einmal alle hunderte von Jahren. Viele Standardtechniken der klassischen Mikrobiologie lassen sich nicht auf die tiefe Biosphäre anwenden, weil sie nicht empfindlich genug sind, um die extrem geringen Umsatzraten und Zelldichten zu detektieren.
Für die Erforschung der Lebenswelt in dieser Unterwelt der Erde ist dies eine große Herausforderung.
Jens Kallmeyer / Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ, Potsdam
Stand: 19.09.2014