Seit Beginn der Aktivität am Bárðarbunga stehen der Gletschervulkan und sein Umfeld unter ständiger Überwachung. Nahezu jeden Tag treten zudem Vulkanologen und Vertreter des isländischen Katastrophenschutzes und der Behörden zusammen, um die Lage zu besprechen und eventuell nötige Maßnahmen zu beschließen.
Zurzeit ist noch unklar wie sich die Lage am Vulkan weiter entwickeln wird, Anzeichen für eine Entspannung gibt es jedoch keine. Nach Angaben der Forscher wären vier mögliche Szenarien denkbar: Im günstigsten Fall lässt die Magmawanderung im Untergrund nach, dadurch sinkt die seismische Aktivität und es gibt keine weiteren Eruptionen. Das Magma könnte jedoch auch nördlich des Gletschers weitere Spalten aufreißen. Solange deren Lava dann nicht nach Süden in Richtung Gletscher fließt, besteht keine Gefahr einer explosiven Eruption mit Aschenwolke.
Zieht die Eruption unter den Randgletscher?
Anders wäre es jedoch im dritten Szenario, bei dem es nicht bei der Lavaeruption am Holuhraun bleibt, sondern weitere Spalten auch unter dem Dyngjujökull aufreißen, dem an dieser Stelle liegenden Teilgletscher des Vatnajökull. „Dies würde eine Sturzflut im Fluss Jökulsá á Fjöllum auslösen und möglicherweise auch explosive, aschenerzeugende Aktivität“, so die Forscher.
Messungen per GPS und Radar am 03. September 2014 zeigen, dass sich vor und unter dem Dyngjujökull bereits eine Senke gebildet hat. „Es ist daher möglich, dass sich die anhaltende Eruption unter den Gletscher fortsetzen könnte“, heißt es in einem Bericht des Scientific Advisory Board of the Icelandic Civil Protection. „Dies würde zu einer sofortigen Gefahr von Überschwemmungen in den Ebenen vor dem Gletscher führen.“ Am 5. September rückt die Eruption weiter an den Gletscher heran: Nur zwei Kilometer vom Eisrand entfernt reißt die Spalte auf und Lava tritt aus.
Wenn der Bárðarbunga selbst ausbricht
Ebenfalls weder ausgeschlossen noch unwahrscheinlich ist nach wie vor das vierte und schlimmste Szenario: ein Ausbruch des Bárðarbunga selbst. Die zwei größten Ausbrüche des Bárðarbunga in den letzten 10.000 Jahren ereigneten sich vor rund 8.600 Jahren und im Jahr 1477. Letzterer geschah entlang der 65 Kilometer langen vulkanischen Veiðivötn-Spalte im Südwesten des Vatnajökull-Gletschers. Bei der explosiven Eruption wurden rund zehn Kubikkilometer vulkanisches Material, meist in Form von Asche und Lavabrocken, ausgeschleudert. Dieser Auswurf bedeckte die Hälfte des Landes mit Tephra, wie geologische Studien zeigen.
Eine Eruption des subglazialen Vulkans heute könnte eine Aschenwolke ähnlich der des Eyjafjallajökull im Jahr 2010 verursachen und den Flugverkehr in weiten Teilen Europas lahmlegen. Für die Isländer viel gefährlicher wäre allerdings ein Gletscherlauf – ein gewaltiger Strom von Schmelzwasser, das unter dem Gletscher entlangfließt und dann als Sturzflut am Rand des Gletschers austritt. Rast diese Flut in Richtung bewohntes Gebiet, dann sind Menschenleben in akuter Gefahr.
Nadja Podbregar
Stand: 04.09.2014