Es gibt eine Region im Sonnensystem, die ist alles andere als gemütlich: Im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter umkreisen Hunderttausende von winzigen, kleinen und großen Gesteinsbrocken auf mehr oder minder chaotischen Bahnen die Sonne. Im Gedränge kommt es immer wieder zu heftigen Kollisionen. Die Brocken zerbersten, schleudern Bruchstücke weit ins All hinaus oder lenken sich gegenseitig aus ihrer ursprünglichen Bahn. Unberechenbar rasen sie dann weiteren Kollisionen entgegen – im Extremfall sogar mit der Erde.
Die Asteroiden des Gürtels sind allesamt rund 4,5 Milliarden Jahre alt – so alt wie Erde, Mars und die anderen Planeten des Sonnensystems. Doch im Unterschied zu diesen wuchsen sie nicht zur vollen Planetengröße heran sondern sammelten sich in einem losen Ring in der Lücke zwischen zwei Planeten. Astronomen haben ausgerechnet, dass die Masse aller Objekte im Asteroidengürtel mehr als ausreichen würde, um einen kompletten, „ausgewachsenen“ Planeten zu bilden.
Störung durch den großen Nachbarn
Aber warum geschah dies nicht? Schuld daran ist vermutlich der große Nachbar des Asteroidengürtels, der Jupiter. Die enorme Schwerkraft des Gasriesen wirkt auf fast alle Himmelskörper des Sonnensystems ein und ist umso stärker, je näher man dem Planeten ist. Direkt vor seiner Haustür, im Gebiet des heutigen Asteroidengürtels, zog und zerrte diese Kraft bei jedem Vorbeiziehen des Gasriesen so sehr, dass sich die hier herumfliegenden Gesteinsbrocken nicht wie fast überall sonst dauerhaft zu einem Planeten zusammenlagern konnten.
Stattdessen blieb hier ein kosmisches Trümmerfeld erhalten. Der Störeinfluss der Jupiter-Schwerkraft sorgte zudem dafür, dass nur bestimmte Umlaufbahnen im Asteroidengürtel dauerhaft stabil waren und sind. Bei anderen Orbits dagegen treten Resonanzen mit der Bewegung des Gasriesen auf, die alle dort kreisenden Objekte aus ihrer Bahn schleudert. Im Laufe der Zeit haben sich dadurch drei Hauptgruppen der Asteroiden im Gürtel herausgebildet, die Millionen Brocken und Bröckchen sind daher alles andere als gleichmäßig verteilt.
Steinige Zeitkapseln
Die Asteroiden sind damit Relikte aus der Frühzeit unseres Planetensystems. Im Gegensatz zu den Planeten blieb ihnen ihre ursprüngliche Zusammensetzung weitestgehend erhalten. Viele Prozesse, die das Äußere und Innere von Planeten im Laufe der Entwicklung verändert haben, fanden bei ihnen nicht statt. Wie Zeitkapseln haben sie damit die Bedingungen zur Zeit ihrer Entstehung vor 4,5 Milliarden Jahren konserviert. Für die Forscher ist dies eine wertvolle Möglichkeit, nähere Erkenntnisse über die Entstehungszeit unseres Sonnensystems und damit auch unserer Erde zu gewinnen. So können z.B. Meteoriten – auf der Erdoberfläche eingeschlagene Asteroiden – viel über die Vergangenheit verraten.
Die urtümlichsten Vertreter dieser „steinigen Himmelsboten“ sind die sogenannten Chondriten. Bei diesen relativ unauffälligen, meist grau gefärbten Meteoriten sind kugelförmige, bis zu einem Zentimeter große Gesteinskörnchen in die Grundsubstanz eingeschlossen. Diese Kügelchen aus geschmolzenem Silikatmaterial bildeten sich wahrscheinlich noch in der Urwolke aus Vorgängermaterial, das sehr schnell stark erhitzt wurde – bis auf 1.900°C – und schmolz. Als diese Schmelzkügelchen abgekühlt waren, klumpten sie sie dann im Laufe der Zeit mit anderem Material zusammen. Die Einschlüsse der Chondriten gelten daher als die ältesten unveränderten Relikte der Urwolke.
Nadja Podbregar
Stand: 13.12.2013