Auch die heutigen Bahnen der Asteroiden im Gürtel sind nicht alle dauerhaft stabil. Einige haben eine Umlaufzeit um die Sonne, die sie noch immer regelmäßig in Zonen erhöhter Schwerkrafteinwirkung bringt. In bestimmten Bereichen ihres Orbits können dann schon kleinste Einflüsse genügen, um sie abzulenken. Immer wieder kommt es daher vor, dass Asteroiden im Gürtel zusammenstoßen. Wegen der riesigen Ausmaße des Asteroidengürtels und der geringen Größe der beteiligten Brocken bleiben die meisten dieser Ereignisse allerdings unentdeckt.
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Ihre Folgen lassen sich allerdings beobachten: Größere Kollisionen, wie sie sich meist vor Tausenden oder gar Millionen von Jahren ereigneten, hinterlassen oft diffuse Staubbänder. Bei anderen können Astronomen aus ihrer Umlaufbahn schließen, dass sie einst durch eine Kollision aus der Bahn oder sogar ganz aus dem Asteroidengürtel geschleudert wurden. Obwohl solche Kollisionen durchaus häufig sind, gelang es Astronomen lange Zeit nicht, ein solches Ereignis quasi live zu beobachten – bis zum Jahr 2010.
Zusammenstoß im Gürtel – live
Denn dann stießen Wissenschaftler des US-Forschungsprojekts LINEAR (LIncoln Near-Earth Asteroid Research) bei ihrer routinemäßigen Durchmusterung des Weltraums nach erdnahen Asteroiden auf das Objekt P/2010 A2. Wegen seines Aussehens hielten die Forscher den Himmelskörper zunächst für einen Kometen – und folgten bei der Benennung daher der gängigen Kometen-Nomenklatur. Erst genauere Beobachtungen in den folgenden Monaten deckten sein wahres Wesen auf – und lieferten eine Überraschung.
„Das Objekt P/2010 A2 und ein nur wenige Meter großer Miniplanetoid sind sozusagen erst gestern ineinander gerast“, erklärt Colin Snodgrass vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Katlenburg-Lindau. Der dabei erzeugte Schweif aus Trümmerstücken lässt sich noch direkt beobachten. „Das ist so, als würde man statt der Fossilien einen vollständigen Dinosaurier mit Haut und Weichteilen finden.“ Die genaue Länge und Form des Schweifs ließ sich allerdings mit erdgebundenen Teleskopen und selbst mit den scharfen Augen des Weltraumteleskops Hubble nur schlecht erkennen, weil diese quasi zu seitlich auf das Geschehen blickten.
Trümmerschweif verrät Alter
Abhilfe in Form eines Perspektivwechsels schaffte die Raumsonde Rosetta. Sie befand sich zum Beobachtungszeitpunkt bereits weit jenseits der Umlaufbahn des Mars und konnte so einen genaueren Blick erhaschen. „Anhand der Aufnahmen der Raumsonde konnten wir die dreidimensionale Gestalt des Schweifs erkennen“, erklärt Snodgrass. Die Form sei für einen Kometen, der kontinuierlich Material emittiert, untypisch und deute auf den Trümmerschweif nach einem Asteroidenaufprall hin.
Und auch die Größe einiger Fragmente verrieten die Aufnahmen. Aus diesen Informationen konnten die Forscher rekonstruieren, wie sich der Trümmerschweif nach der Kollision entwickelt haben muss – und auch, dass der Aufprall zum Beobachtungszeitpunkt erst zehn Tage zurücklag. Ihre Beobachtungen lieferten damit wichtige Erkenntnisse über die frühe Phase nach einer Asteroidenkollision.
Nadja Podbregar
Stand: 13.12.2013