Eine Kollision im Asteroidengürtel könnte auch an einem der dramatischsten Ereignisse der Erdgeschichte schuld sein: dem Einschlag des „Dinokillers“ vor rund 65 Millionen Jahren. Der rund zehn Kilometer große Meteorit Chicxulub schlug am Ende der Kreidezeit auf der Halbinsel Yucatan in Mittelamerika ein. Dieser Aufprall hatte globale Folgen und veränderte die gesamte Biosphäre unseres Planeten.
Milliarden Tonnen Schwefel und Staub und aufsteigender Rauch aus ausgedehnten Feuersbrünsten verdunkelten den Himmel für mindestens ein halbes Jahr und ließen die globalen Temperaturen nahezu bis zum Gefrierpunkt abstürzen. Nicht nur die Dinosaurier, auch die Hälfte aller anderen Tier- und Pflanzenarten der Erde starben in der Folge dieser Katastrophe aus. Wo aber kam dieser kosmische Bolide her? Und was hatte ihn Richtung Erde gelenkt?
Fragment von Asteroid Baptistina?
Die Antwort auf diese Fragen blieb lange Zeit offen. Im Jahr 2007 deuteten dann Daten von erdbasierten optischen Teleskopen darauf hin, dass der Asteroid Baptistina ein möglicher Ausgangspunkt für den Chicxulub-Meteoriten gewesen sein könnte. Dieser rund 170 Kilometer große Brocken im Hauptgürtel des Asteroidenrings soll nach gängiger Lehrmeinung vor rund 160 Millionen Jahren mit einem zweiten, 60 Kilometer großen Objekt zusammengestoßen und dann zerbrochen sein.
Diese Kollision hinterließ einen nur noch 40 Kilometer großen Rest-Asteroiden und unzählige Fragmente. Modellsimulationen nach könnten dabei rund 100.000 Bruchstücke mit mehr als einem Kilometer Durchmesser und etwa 300 mit mehr als 10 Kilometer Durchmesser entstanden sein. Rund zwei Prozent davon wurden wahrscheinlich in Richtung des inneren Sonnensystems und damit potenziell auch in Richtung Erdbahn abgelenkt. Eines dieser Fragmente, so die damalige Vermutung, könnte zum Chicxulub-Meteoriten geworden sein.
Nicht genügend Zeit
Im Jahr 2011 allerdings stellten neue Beobachtungen von NASA-Astronomen dieses Szenario in Frage. Sie hatten mit Hilfe des Infrarot-Weltraumteleskops Wide-field Infrared Survey Explorer (WISE) mehr als 1.000 Gesteinsbrocken der sogenannten Baptistina-Familie analysiert – der Gruppe von Brocken im Asteroidengürtel, die aus den Fragmenten der Kollision gebildet wurde. Die hochauflösenden Aufnahmen erlaubten es, die Größe und Verteilung der Bruchstücke genauer als bisher zu kartieren. Weil sich größere Trümmerstücke langsamer in ihren Bahnen verteilen als kleinere, ermöglicht die Größenverteilung Rückschlüsse darauf, wann die ursprüngliche Kollision stattgefunden haben muss.
Das Ergebnis der Auswertungen: Der Zusammenprall des Baptistina-Asteroiden mit einem anderen Objekt kann erst vor rund 80 Millionen Jahren stattgefunden haben. Das aber ist zu kurz vor dem Einschlag des Chicxulub-Meteoriten, um eines dieser Fragmente zum „Dino-Killer“ zu machen. „Das gab den Trümmern der Kollision nicht genügend Zeit, um in eine Resonanz zu geraten und dann vor 65 Millionen Jahren auf die Erde geschleudert zu werden“, erklärt Studienleiterin Amy Mainzer vom Jet Propulsion Laboratory der NASA in Pasadena.
Denn normalerweise dauert es mehrere zehn Millionen Jahre, bis solche Schwerkraft-Effekte die Trümmerbrocken in Richtung Erde auslenken. Damit ist die Frage, woher der „Dino-Killer“ kam, erneut offen. Die Suche nach dem Ursprung des Chicxulub-Meteoriten geht weiter.
Nadja Podbregar
Stand: 13.12.2013