Wenn wir schlafen, ist unser Gehirn im Offline-Modus. Dieser Begriff bezeichnet in den Neurowissenschaften Zustände, in denen wir nicht aktiv mit der Außenwelt interagieren. Offline-Modi treten im ruhigen Wachzustand, während des Schlafes oder unter Narkose auf. Sie alle sind durch Aktivität innerhalb eines bestimmten Netzwerks von eng miteinander verknüpften Hirnregionen gekennzeichnet. Wichtig ist hier, dass sich das Aktivitätsmuster während des Offline-Modus von dem Aktivitätsmuster im aufmerksamen Wachzustand unterscheidet, also wenn ein Individuum aktiv Signale aus der Außenwelt wahrnimmt.
Das Default Mode Network – das Bewusstseinsnetzwerk oder Ruhezustands-Netzwerk des Gehirns – ist ein weiteres Beispiel für einen intern generierten Gehirnzustand. Es scheint vorzugsweise dann aktiv zu sein, wenn man sich auf interne Aufgaben konzentriert, etwa wenn Menschen tagträumen, Zukunftspläne machen, Erinnerungen wiederaufleben lassen oder die Sichtweisen anderer Menschen abschätzen. Das zeigen Studien mit Hilfe der funktionellen Magnetresonanztomografie. Sie ergaben auch, dass ein eingeschränktes Default-mode-Netzwerk mit mehreren psychiatrischen Störungen in Zusammenhang gebracht werden kann.
Die Hirnrinde ist ein langsamer Lerner
Eine faszinierende Funktion des Offline-Modus ist die Speicherung neuer Erfahrungen. In der wissenschaftlichen Literatur gibt es breite Unterstützung für die Ansicht, dass frische Erinnerungen sehr Interferenz-anfällig sind und daher Zeit brauchen, um sich zu stabilisieren. Die Hirnrinde ist ein recht „langsamer Lerner“, weil Veränderungen in der kortikalen Synapsenstärke typischerweise Zeit brauchen. Dies ist vielleicht auch gut so, weil wir beziehungsweise unser Gehirn dadurch nicht mit unsinnigen und willkürlichen Informationen überfrachtet werden.
Aber es gibt auch Informationen, die wir schnell und kurzfristig aufnehmen müssen. Diese kurzfristige Speicherung von räumlich-zeitlichen Aktivitätsmustern findet daher vorzugsweise in Strukturen mit schneller Plastizitätsregulierung statt – also in Bereichen, die schneller reagieren und sich schneller verändern können als die Synapsenstärke der Hirnrinde. Der Hippocampus gilt als das Beispiel schlechthin für einen solchen Mikroschaltkreis-Verband: Er speichert frische Erinnerungen und kann sie reaktivieren, um die kortikale Plastizität zu fördern. Perioden der Ruhe oder des Schlafes begünstigen dabei die Gedächtnisstabilisierung.
Doch worauf basiert dieser Dialog zwischen Hippocampus und Kortex und wie kommuniziert der Hippocampus mit dem Rest des Gehirns?
MPG Jahrbuch / Oxana Eschenko, Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik, Tübingen
Stand: 23.08.2013