Die Ha Long-Bucht im nördlichsten Zipfel von Vietnam gehört zu den Traumreisezielen in Südostasien. Seit 1994 ist die Bucht, in der knapp 2.000 Kalkfelsen teils über hundert Meter hoch aus dem Wasser aufragen, Weltnaturerbe der UNESCO. Während die kleineren Felsen oft kahl sind, sind die größeren dicht bewachsen, teilweise sogar mit Regenwald. Im Laufe der Zeit hat Wasser den Kalkstein an vielen Stellen ausgehöhlt, so dass Grotten und Höhlen entstanden.
Der Legende nach entstand die Bucht durch einen Drachen, der in den Bergen nahe am Meer lebte. Als er zur Küste lief, zog er mit seinem Schwanz tiefe Furchen. Als er dann ins Meer abtauchte, stieg das Meer an und überflutete das Land. Nur die zwischen den Furchen stehen geblieben Felsen ragen daher aus dem Wasser.
Was kaum jemand weiß: Dieses Touristenparadies ist auch eines der größten Kohleabbaugebiete des Landes. Schon seit der Kolonialzeit wird hier Steinkohle im Tagebau gewonnen, mit allen Gefahren, die davon für die Umwelt ausgehen. Die hier vorkommende Anthrazitkohle gilt aufgrund ihres geringen Asche- und Schwefelgehaltes und des hohen Brennwertes als eine der hochwertigsten Kohlen der Welt. Doch die Umweltfolgen durch Gewinnung, Aufbereitung und Transport sind beträchtlich.
Tagebau, Staub und Abwasser
„Die Abwässer, die beim Kohleabbau entstehen, sind zum Beispiel belastet mit Eisen und Mangan. Sie fließen teilweise unbehandelt in die Bucht. Transporte, Sprengungen und unbefestigte Abraumhalden sind Quellen von Staub, der zeitweise dafür sorgt, dass die Pflanzen nicht grün, sondern grau aussehen“, erklärt Harro Stolpe, Professor für Umwelttechnik und Ökologie im Bauwesen der Ruhr-Universität Bochum (RUB). Weitere Probleme bereiten die durch den Bergbau entstandenen Bergehalden – starke Regenfälle in der Monsunzeit verursachen Böschungsrutschungen und Erosion.
Er und sein Team koordinieren seit 2005 die Research Association Mining and Environment in Vietnam (RAME). Gemeinsames Ziel ist es, die deutsche Expertise im Umgang mit den Folgen des Bergbaus auf vietnamesische Verhältnisse zu übertragen. Dadurch soll zum einen die einzigartige Natur der Ha Long-Bucht erhalten werden. Zum anderen geht es aber auch darum, die brachliegenden Flächen nach dem Ende des Bergbaus sinnvoll zu nutzen.
Harro Stolpe / RUBIN – Wissenschaftsmagazin der Ruhr-Universität Bochum
Stand: 26.07.2013