Auf seinem Weg von der Küste bis zur Tiefsee hätte ein fiktiver Wanderer auf dem Ozeanboden enorme Hindernisse zu überwinden. Dabei beginnt alles noch ganz harmlos: Startpunkt der Reise könnte beispielsweise die Elbmündung bei Cuxhaven sein. Jeder, der schon einmal bei Ebbe an der Nordsee war oder sogar eine Wattwanderung gemacht hat, weiß, was ihn erwartet: Schlick und Sand und endlose Weiten. Das Wattenmeer gehört zum so genannten nordeuropäischen Schelf mit einer maximalen Wassertiefe von rund 200 Metern. Solche Flachwasserbereiche gibt es an fast allen Küsten dieser Erde. Sie machen insgesamt etwa acht Prozent der Meeresfläche aus.
Von Gletschern glatt gebügelt
Der Boden der Nordsee ist ebenso wie das norddeutsche Tiefland von den Eiszeiten geprägt und wurde einst von mächtigen Gletschern förmlich glattgebügelt. Trotz ihrer heutigen Wasserbedeckung bestehen die Schelfe aus kontinentaler Kruste und gehören somit aus geologischer Sicht nicht zu den Ozeanen. Durch Meeresspiegelschwankungen fielen sie im Laufe der Erdgeschichte immer wieder trocken und sind heute von mächtigen Sedimentschichten bedeckt.
Auf der Tour durch die Deutsche Bucht kommt auch schon bald die Bohrinsel Mittelplate in Sicht: Riesige, muschelbehaftete Betonwände ragen aus dem Meeresboden und tragen eine große Förderplattform. Fest verankert, trotzt sie den rauen Stürmen und der Kraft der Wellen. Mehr als zwei Millionen Tonnen Erdöl fördern die beteiligten Firmen inmitten der Nordsee jedes Jahr aus zwei Kilometern Tiefe an die Oberfläche.
Sandsteinturm in weiter Ebene
Von hier ist es nicht mehr weit, bis die rote Felsnadel der Insel Helgoland in Sicht kommt. Der imposante Felsenturm aus Buntsandstein ragt vom Grund des Meeres knapp 100 Meter in die Höhe und bildet Deutschlands einzige Hochseeinsel.
Auf dem leicht hügeligen Meeresgrund geht es danach langsam, aber stetig weiter abwärts. Blauschlick bedeckt den Boden, eine Mischung aus toter organischer Substanz und feinen Tonen und Sanden. Seine dunkle, blaugraue Farbe erhält dieses Sediment durch die Zersetzungsarbeit von Mikroorganismen und den hohen Anteil an Eisensulfiden.
Bald schon ist die Doggerbank erreicht, eine der größten Untiefen in der Nordsee. Rund 250 Kilometer von der deutschen Küste entfernt und auf der Höhe der englischen Grafschaft Yorkshire ist das Meer dank dieser riesigen Sandbank
nur etwa 15 Meter tief.
Dieter Lohmann
Stand: 15.06.2012