Geologie/physische Geographie

Am Grund der Nordsee

Wanderung über den Meeresboden der deutschen Bucht

Schlickhäufchen im Wattenmeer © Harald Frater

Auf seinem Weg von der Küste bis zur Tiefsee hätte ein fiktiver Wanderer auf dem Ozeanboden enorme Hindernisse zu überwinden. Dabei beginnt alles noch ganz harmlos: Startpunkt der Reise könnte beispielsweise die Elbmündung bei Cuxhaven sein. Jeder, der schon einmal bei Ebbe an der Nordsee war oder sogar eine Wattwanderung gemacht hat, weiß, was ihn erwartet: Schlick und Sand und endlose Weiten. Das Wattenmeer gehört zum so genannten nordeuropäischen Schelf mit einer maximalen Wassertiefe von rund 200 Metern. Solche Flachwasserbereiche gibt es an fast allen Küsten dieser Erde. Sie machen insgesamt etwa acht Prozent der Meeresfläche aus.

Von Gletschern glatt gebügelt

Der Boden der Nordsee ist ebenso wie das norddeutsche Tiefland von den Eiszeiten geprägt und wurde einst von mächtigen Gletschern förmlich glattgebügelt. Trotz ihrer heutigen Wasserbedeckung bestehen die Schelfe aus kontinentaler Kruste und gehören somit aus geologischer Sicht nicht zu den Ozeanen. Durch Meeresspiegelschwankungen fielen sie im Laufe der Erdgeschichte immer wieder trocken und sind heute von mächtigen Sedimentschichten bedeckt.

Blick auf die Bohrinsel Mittelplate © RWE Dea

Auf der Tour durch die Deutsche Bucht kommt auch schon bald die Bohrinsel Mittelplate in Sicht: Riesige, muschelbehaftete Betonwände ragen aus dem Meeresboden und tragen eine große Förderplattform. Fest verankert, trotzt sie den rauen Stürmen und der Kraft der Wellen. Mehr als zwei Millionen Tonnen Erdöl fördern die beteiligten Firmen inmitten der Nordsee jedes Jahr aus zwei Kilometern Tiefe an die Oberfläche.

Sandsteinturm in weiter Ebene

Von hier ist es nicht mehr weit, bis die rote Felsnadel der Insel Helgoland in Sicht kommt. Der imposante Felsenturm aus Buntsandstein ragt vom Grund des Meeres knapp 100 Meter in die Höhe und bildet Deutschlands einzige Hochseeinsel.

Die Lange Anna auf Helgoland © gemeinfrei

Auf dem leicht hügeligen Meeresgrund geht es danach langsam, aber stetig weiter abwärts. Blauschlick bedeckt den Boden, eine Mischung aus toter organischer Substanz und feinen Tonen und Sanden. Seine dunkle, blaugraue Farbe erhält dieses Sediment durch die Zersetzungsarbeit von Mikroorganismen und den hohen Anteil an Eisensulfiden.

Bald schon ist die Doggerbank erreicht, eine der größten Untiefen in der Nordsee. Rund 250 Kilometer von der deutschen Küste entfernt und auf der Höhe der englischen Grafschaft Yorkshire ist das Meer dank dieser riesigen Sandbank

nur etwa 15 Meter tief.

  1. zurück
  2. 1
  3. |
  4. 2
  5. |
  6. 3
  7. |
  8. 4
  9. |
  10. 5
  11. |
  12. weiter

Dieter Lohmann
Stand: 15.06.2012

Keine Meldungen mehr verpassen – mit unserem wöchentlichen Newsletter.
Teilen:

In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Reise über den Meeresgrund
Von der Nordsee bis in den Puerto-Rico-Graben

Am Grund der Nordsee
Wanderung über den Meeresboden der deutschen Bucht

Den Abhang hinunter
Lawinen, Canyons und Korallen am Kontinenthang

Gebirge unter Wasser
Der Mittelatlantische Rücken

Welt ohne Licht
Reise in den Tiefseegraben

Diaschauen zum Thema

News zum Thema

Indischer Ozean: aktive Verwerfung erhöht Tsunami-Risiko
Verwerfung am Owen-Rücken markiert Grenze zwischen Arabischer und Indischer Platte

Grund des Lago Maggiore in 3D
Neues Sonar erzeugt erstes dreidimensionales und detailgenaues Bild des Seegrunds

Ozeanböden im neuen Licht
Meeresbodenoberfläche beeinflusst Meeresströmungen und Klima

Dossiers zum Thema