Die Passage der Venus vor der Sonne ist nicht nur ein seltenes und spannendes Schauspiel am Taghimmel, für die Astronomen war sie auch lange Zeit eines der wichtigsten Messinstrumente des Himmels, eine Art kosmischer Entfernungsrechner.
Jahrhundertelang galt sie als einer der heiligen Grale der Astronomie: die genaue Bestimmung der Entfernung von Erde und Sonne. Denn, so hofften die Astronomen, hatte man erst einmal diese fundamentale Maßeinheit des Weltalls, die astronomische Einheit (AE), bestimmt, konnte sie als Messlatte für alle weiteren kosmischen Entfernungsmessungen gelten.
Zwei Winkel und eine Strecke
Doch wie misst man eine Strecke, die durch Millionen Kilometer unpassierbaren Raumes führt? Im Prinzip genauso, wie die Höhe eines unbesteigbaren Baumes oder die Entfernung zu einem jenseits eines Flusses liegenden Ort: Durch Triangulation und Messung der Parallaxenverschiebung. Peilt man einen entfernten Gegenstand von zwei unterschiedlichen Standorten aus an, erscheint er jeweils ein wenig gegenüber dem Hintergrund verschoben. Der gleiche Effekt tritt beispielsweise auch auf, wenn wir unseren Daumen auf Armeslänge entfernt vor uns halten und ihn dann erst mit dem einen, dann mit dem anderen Auge anvisieren: Er scheint vor dem Hintergrund hin und her zu springen.
Mithilfe dieser „Sprungstrecke“ oder Parallaxe können wir den Winkel kalkulieren, den beide Beobachtungslinien mit der Grundlinie – unserem Augenabstand – bilden. Da zwei Winkel und eine bekannte Strecke ausreichen, um weitere Seitenlängen eines Dreiecks zu berechnen, ergibt sich daraus wiederum die Entfernung des Daumens zu unserem Gesicht. Zwar müssen bei der Berechnung astronomischer Entfernungen mit dieser Methode noch einige Faktoren wie die Radien der beteiligten Himmelskörper und die Krümmung ihrer Oberflächen und anderes mit in die Gleichung einbezogen werden, aber letztendlich funktioniert das Prinzip.
Schon im 17. Jahrhundert versuchten Astronomen dieses Verfahren zu nutzen, um den Abstand des Planeten Mars von der Erde zu berechnen. Die scheinbare Verschiebung des Planeten vor dem Hintergrund der Fixsterne sollte dabei als Messlatte dienen – allerdings erwiesen sich die Messungen als schwierig und letztendlich zu ungenau. Für die Venus und die Sonne sollte daher eine bessere Methode gefunden werden…
Nadja Podbregar
Stand: 23.05.2012