Die entscheidende Idee für die Messung des Sonnenabstands hat der Astronom Edmond Halley, als er im Jahr 1677 auf der Insel St. Helena den Merkurtransit beobachtet: Warum nicht einfach beim nächsten Venustransit die Sonne als Bezugspunkt nehmen? Je nachdem, von wo aus auf der Erde der Transit beobachtet wird, variieren die genauen Eintritts- und Austrittszeiten des passierenden Planeten. Aus diesen Unterschieden wiederum, so Halleys Theorie, müssten sich die Parallaxen von Venus und letztendlich auch der Sonne kalkulieren lassen.
Er schreibt in seiner berühmten Veröffentlichung „A new Method of determining the Parallax of the Sun, or his Distance from the Earth“ von 1716: „Aus diesen Unterschieden, genau beobachtet, kann die Parallaxe der Sonne bestimmt werden, und das ohne irgendwelche anderen Instrumente außer Teleskopen und guten, gewöhnlichen Uhren und ohne andere Qualifikationen der Beobachter als Zuverlässigkeit und Sorgfalt, mit ein wenig Geschick in Astronomie.“
Venusjäger auf allen Erdteilen
Halley selbst kann keinen Venustransit mehr erleben, er stirbt 1742, 19 Jahre vor dem nächsten Transitereignis. Seine Veröffentlichungen und Berechnungen zu diesem Thema aber sorgen dafür, dass 1761 die gesamte weltweite astronomische Gemeinschaft mobilisiert wird. Französische und britische Astronomen organisieren gleich fünf Expeditionen in entlegene Erdteile. Charles Mason und Jeremiah Dixon reisen dafür nach Südafrika, William Wales beobachtet das Ereignis von Kanada aus, Jean-Baptise Chappe d’Auteroche aus Siberien und Alexandre-Gui Pingré segelt nach Madagaskar. Auch deutsche und niederländische Astronomen beteiligen sich.
Als das große Ereignis im Juni 1761 endlich stattfindet, richten insgesamt 120 Beobachter an 62 verschiedenen Orten der Welt ihre Teleskope gen Himmel. (Nach anderen Quellen sollen es sogar 176 Astronomen an 117 Stationen gewesen sein). Dabei entdeckt der russische Astronom Michael Lomonosov – quasi nebenbei – erste Hinweise auf eine Atmosphäre der Venus. Er beobachtet einen leuchtenden Haloeffekt um die schwarze Planetensilhouette herum, kurz bevor die Venus vollständig in das Licht der Sonnenscheibe eintaucht.
Das Ergebnis der Zeitmessungen allerdings ist eher enttäuschend. Die ermittelten Werte für die Parallaxe der Sonne schwanken stark zwischen 8,5‘‘ und 10,5‘‘ und machen damit eine genauere Kalkulation unmöglich. Ursache für die großen Differenzen sind die noch ungenügenden Möglichkeiten, den Längengrad eines Standortes genau zu bestimmen und Beobachtungsfehler durch den „Schwarzen-Tropfen“-Effekt. Doch die nächste Chance lässt Gottseidank nicht allzulange auf sich warten.
Nadja Podbregar
Stand: 23.05.2012