Bereits vor einigen Jahren hatten Archäologen Feldforschungen in Gräberfeldern durchgeführt, die bei den Siedlungen liegen. Das dabei freigelegte Fundgut enthüllte zahlreiche Indizien für den kulturellen Entwicklungsstand dieser vorgeschichtlichen Gesellschaft.
So fanden sich in großen Grabhügeln, den sogenannten Kurganen, Schachtgräber und Bestattungen mit reichen Kupfer- und Bronzebeigaben. Überraschend war auch der Fund zweirädriger Streitwagen – den ältesten der alten Welt. Die Forscher stießen zudem auf zuvor ungebräuchliche Formen von Pferdegeschirren. Sie erlaubten den bronzezeitlichen Reitern und Fahrern eine verbesserte Führung der schnellen und wendigen Pferde in der Steppe. Dies zeigt, in welchem Maße Innovation und prosperierendes Wachstum offenbar schon in der damaligen Zeit Hand in Hand gingen.
Neue Wohn- und Lebensweise
Bereits jetzt steht unzweifelhaft fest: Allein das Siedlungsmodell stellte eine vollkommen neue Form der Wohnarchitektur mit einer offensichtlich geänderten Wirtschaftsweise in der Steppe dar. Um diese jedoch zu realisieren, bedurfte es sicherlich ebenso neuer Formen der sozialen Organisation. Denn wie sonst hätte man solch komplexe Strukturen entwickeln und umsetzen können, wenn nicht durch eine straff organisierte und vor allem planmäßig durchgeführte Gemeinschaftsleistung?
An der heutigen Oberfläche sind diese Siedlungen leider – wenn überhaupt – nur noch für den Eingeweihten erkennbar. Winderrosion über Jahrtausende hinweg, vor allem aber der unerbittliche Stahl moderner Pflugscharen, die in der Breschnew-Zeit im großen Stil weite Teile der Region urbar machen sollten, haben dazu beigetragen. Daher kommen den geophysikalischen Untersuchungsmethoden, allen voran den geomagnetischen Messungen, eine unschätzbare Bedeutung zu. Sie ermöglichen es, in Kombination mit den Luftbildern eine erste Vorstellung über die Innengliederung dieser befestigten Anlagen zu bekommen, noch bevor der Archäologe überhaupt zum ersten Spatenstich angesetzt hat.
Siedlungen von eckig bis rund
Die Größe der befestigten Anlagen schwankt zwischen einem und vier Hektar. Auch ihr Grundriss variiert stark von rechteckig über oval bis rund. Eine typische zeitliche Abfolge innerhalb dieses Formenspektrums konnte die Archäologen bislang allerdings nicht überzeugend nachweisen. Die eigentlichen Befestigungsmauern waren überwiegend in einer charakteristischen Holz-Erde-Bauweise errichtet:
Auf einem Fundament aus Rasensoden und Füllmaterial aus lokalem Naturstein stand ein Holzgerüst. Dieses sicherte und stabilisierte Wände aus Lehm, der beim Austrocknen beinahe zementartigen Charakter bekam. Insgesamt konnten die Mauern auf diese Weise eine Höhe von fünf bis sechs Metern erreichen. Steinkonstruktionen fanden die Archäologen bisher dagegen äußerst selten. Sie sind bislang nur in zwei Siedlungen als Verkleidung auf der Maueraußenseite nachgewiesen worden.
Rüdiger Krause, Jochen Fornasier /Forschung Frankfurt
Stand: 18.05.2012