Rund 270 Seltene Erden (SE)-Projekte sind weltweit zurzeit in Planung oder im Bau. Ob diese alle jedoch irgendwann größere Mengen an Terbium, Yttrium oder Lanthan liefern werden, ist heute noch mehr als unklar.
Dazu Harald Elsner von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in einer Studie aus dem Jahr 2011: „Trotz anderweitiger Beteuerungen der jeweiligen Lizenzinhaber werden hiervon sicherlich nur ein sehr geringer Anteil, geschätzt fünf Prozent, jemals in Produktion gehen. Die wichtigsten Gründe hierfür liegen im Fehlen strategischer Investoren, im fehlenden Knowhow der hydrometallurgischen Aufbereitung der SE-Minerale sowie auch in der irgendwann einsetzenden Übersättigung des Marktes für leichte SE.“
Vom Hoffnungsträger zum Problemfall
Wie schnell aus einem Hoffnungsträger ein Problemfall werden kann, hat zuletzt ein australisches Projekt gezeigt. Im Bundesstaat Western Australia sollte in der Mount Weld Mine eigentlich noch im Jahr 2011 mit dem Abbau der insgesamt 1,4 Millionen Tonnen Seltene Erden begonnen werden. Doch nun droht dem ohnehin unter Finanzproblemen leidenden Besitzer Lynas – zwischenzeitlich war sogar der Einstieg chinesischer Investoren im Gespräch – ein herber Rückschlag.
Denn vor allem die Weiterverarbeitung der in Mount Weld gewonnenen Rohstoffe steht mittlerweile in den Sternen. Diese sollte eigentlich ab Herbst 2011 rund 4.000 Kilometer weit entfernt in Malaysia losgehen. Dort entsteht zurzeit nahe der Großstadt Kuantan die größte Seltene Erden-Raffinerie der Welt. Allerdings verzögern die Behörden zurzeit die Erteilung der Betriebserlaubnis – unter anderem weil es öffentliche Sorge über die natürlich vorkommende, niedrig-dosierte radioaktive Kontamination des Erzes gibt, das in Australien abgebaut wird.
Sechs Monate Verzug?
Raja Dato Abdul Aziz bin Raja Adnan, der Generaldirektor des malayaischen Atomenergie-Kontrollgremiums erklärte im Mai 2011, dass das Gremium die Lynas Corporation gebeten hat, zusätzliche Unterlagen vorzulegen, bevor der Antrag auf eine Betriebserlaubnis akzeptiert werden kann. Um den Antrag zu prüfen werde es sechs Monate dauern, so Raja Adnan. Lynas dürfe keinerlei Rohmaterial in die Anlage bringen, bevor nicht die Erlaubnis erteilt worden ist.
Hintergrund der Entscheidung sind wohl vor allem die massiven Proteste von Gegnern des Projektes in Malaysia. Sie fürchten in Zusammenhang mit der neuen Fabrik eine ähnliche ökologische und humanitäre Katastrophe wie vor 20 Jahren. Damals hatte Mitsubishi in einem abgelegenen Gebiet des Landes ebenfalls jahrelang eine Seltene Erden-Raffinerie betrieben, die gewaltige Mengen an radioaktivem Abfall produzierte. Die Folge: verseuchte Böden, kontamiertes Wasser und unter anderem ungewöhnlich viele Krebsfälle in der betroffenen Region. Die Reinigungs-und Dekontaminations-Maßnahmen vor Ort sind noch immer nicht endgültig abgeschlossen.
Doch warum soll die Seltene Erden-Fabrik überhaupt in Malaysia gebaut werden und nicht direkt in Australien? Dann könnte man sich doch den mühsamen und teuren Transport der Rohstoffe sparen. Lynas argumentiert in erster Linie mit geringeren Kosten beim Bau und Betrieb der Anlage in Malaysia. Der wahre Grund ist jedoch ein anderer: In Australien existiert eine einflussreiche grüne Partei, die aufgrund der Umweltgefahren gegen das Projekt Sturm gelaufen wäre und seine Durchsetzung vermutlich verhindert hätte.
Abhängigkeit von China bleibt bestehen
Fazit: Trotz des internationalen Kraftakts den Abbau von Seltenen Erden außerhalb Chinas (wieder) ins Rollen zu bringen, ist noch kein durchschlagender Erfolg bei der Rohstoffgewinnung in Sicht. Die Abhängigkeit von chinesischen Exporten wird wohl zumindest noch einige Jahre bestehen bleiben – es sei denn man findet kurzfristig Möglichkeiten Seltene Erden zu recyceln oder in den Produkten zu ersetzen.
Dieter Lohmann
Stand: 13.05.2011