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Erste Suchmaschinen, die sich des Prinzips von PeerSpective bedienen, gibt es bereits auch auf dem Markt. So etwa das von der kalifornischen Firma Eurekster angebotene Swicki. Auch in den Forschungsabteilungen von Yahoo, Google und Microsoft existieren Pläne für social search. Durchgesetzt haben sich statt neuartiger Suchmaschinen jedoch bislang eher integrierte Lösungen wie „See what your friends are sharing on facebook“ und „E-mailed – Blogged – Viewed most“ auf den Seiten der NEW YORK TIMES oder der Integration von „Buzz“ in Googles „gmail“.
Auf der Suche nach der passenden Community
Aber einerlei wie social search angegangen wird: Damit der Ansatz funktioniert, kommt es zunächst darauf an, für eine bestimmte Suchanfrage erst einmal die passende Community zu finden. Dieses Vorhaben gingen Krishna Gummadi und seine Leute vor Kurzem an. Sie versuchten, mit einem der üblichen Algorithmen Gruppen innerhalb eines Netzwerks aufzuspüren, um so Menschen mit ähnlichen Interessen herauszufiltern. Erstaunlicherweise konnte aber der Algorithmus einige Gruppen, von denen man wusste, dass sie existierten, nicht detektieren.
Hier musste erst ein wenig Soziologie ins Spiel kommen. Gruppen nämlich sind nicht gleich Gruppen. Einige Gruppen (in der Soziologie „Gemeinschaften“ genannt) werden durch persönliche Verbindungen zusammengehalten: „So wie einige von uns hier am Institut sich jede Woche treffen, um Poker zu spielen – weil wir einfach gern zusammensitzen“, wie Krishna Gummadi lächelnd sagt. Andere Gruppen (die „Gesellschaften“) sind themenbezogen – „so wie Greenpeace“. In themenbezogenen Gruppen kennen die meisten Teilnehmer einander gar nicht. Gummadi: „Auf diesen Unterschied mussten wir erst mal kommen. Der von uns zuerst eingesetzte Algorithmus, der lediglich Teilnehmer herausfilterte, die durch besonders wenige Zwischenschritte miteinander verbunden waren, konnte diese Cluster deshalb gar nicht finden.“
Nationales Stimmungsbarometer
Wenn man Krishna Gummadi zuhört, scheint die Spanne der praktischen Belange, in denen die Ergebnisse der Analyse von Netzwerken in den sozialen Medien zum Tragen kommen könnten, schier unendlich zu sein. Eine der neuesten Arbeiten ist ein nationales Stimmungsbarometer. Alan Mislove hat Twitter-Nachrichten in den USA daraufhin ausgewertet, welche emotionale Befindlichkeit sich in ihnen widerspiegelt. Das Ergebnis ist in einer animierten Landkarte wiedergegeben, in der die einzelnen Bundesstaaten auf einer Farbskala von grün (happy) über gelb (neutral) bis rot (not happy) rangieren – und im Verlauf des Tages die Farbe wechseln.
Für sich genommen, ist das Stimmungsbarometer nur eine Spielerei. Aber es demonstriert, welche Informationen in den sozialen Medien schlummern. Die Betreiber von Twitter wissen buchstäblich, wie die Welt tickt. Sie können beobachten, worüber die Leute reden und was sie mit ihrem Geld machen. Daraus kann man Prognosen ableiten – ob Aktien von Automobilkonzernen sinken oder fallen, oder welchen Erlös ein soeben gestarteter Kinofilm am Ende der ersten Woche einspielen wird. Das ist schon faszinierend. Andererseits: „Es ist wirklich verrückt, welche Macht diese Unternehmen haben“, so Gummadi. Von daher kann man schon verstehen, warum einem 1,75 Milliarden Tweets als Goldgrube erscheinen.
Ralf Grötker / MaxPlanckForschung
Stand: 11.03.2011