Wahrscheinlich der größte Streitpunkt ist der zentrale Bestandteil des Fracking-Verfahrens: Das Frack-Fluid, und welche Gefahr es für das Grundwasser darstellt. Die genaue Zusammensetzung dieser Flüssigkeit geben nur die wenigsten gasfördernden Firmen preis. Im Normalfall besteht das Gemisch jedoch aus 90 bis 98 Prozent aus Wasser – acht bis zehn Millionen Liter pro gefracktem Bohrloch. Das entspricht etwa dem Tagesverbrauch einer Kleinstadt von 70.000 Einwohnern: ein immenser Verbrauch, und oft muss das Wasser auch noch energieaufwändig zum Bohrloch transportiert werden.
Umstrittene chemische Zusätze
Quarzsand oder winzige Keramikpartikel, um die Risse im Gestein offen zu halten, machen fünf bis neun Prozent der Flüssigkeit aus. Umstritten ist das Frack-Fluid jedoch vor allem wegen der chemischen Zusätze. Diese erfüllen mehrere Zwecke: Stoffe wie Polyacrylamid, Isopropanol oder Guaran dienen als Quellmittel und verwandeln die Flüssigkeit eher in eine Art zähflüssiges Gel. Dieses transportiert den Sand zuverlässiger in die Risse und lässt sich außerdem mit höherem Druck pumpen.
Säuren wie Salzsäure lösen Mineralien und erleichtern das Brechen des Gesteins. Hinzu kommt eine ganze Reihe von Stoffen, die das Wachstum von Mikroorganismen verhindern sollen und entsprechend giftig sind. Die Zusatzstoffe machen einen Gesamtanteil von einem halben bis einem Prozent der Mischung aus.
Verdünnt = ungefährlich?
Nach Angaben der Gasfirmen ist das Resultat so stark mit Wasser verdünnt, das die Flüssigkeit nicht mehr giftig ist. Eine im Jahr 2012 vom Umweltbundesamt (UBA) in Auftrag gegebene Studie über die Risiken der Erdgasförderung durch Fracking kommt jedoch zu einem anderen Ergebnis: Mindestens 88 verschiedene Frack-Fluide wurden in Deutschland bislang verwendet, von 80 davon sind die Inhaltsstoffe bekannt. Das Urteil der Gutachter: Lediglich 27 der Zubereitungen gelten als nicht gefährlich. Unter den restlichen Mischungen befanden sich sechs giftige, sechs umweltgefährliche und 25 gesundheitsschädliche.
Ein großer Teil der insgesamt rund 750 möglichen Chemikalien ist noch nicht ausreichend charakterisiert, um mögliche Schäden zuverlässig zu bewerten. Aber selbst biologisch abbaubare Bestandteile des Frack-Fluids erfordern ordentliche Vorbehandlung und Entsorgung, fordern US-Wissenschaftler. Mehr als zehn Stoffe auf einmal kommen in einer Mischung selten zum Einsatz. Welche das sind, hängt von Hersteller und Anwender und ganz besonders vom angebohrten Gaslager selbst ab: Jedes Vorkommen ist anders und erfordert ein angepasstes Gemisch.
Ansgar Kretschmer
Stand: 15.08.2014