Anthropogeographie

Spurensuche im Erbgut

Was minoische Skelette über ihre Wurzeln verraten

Woher stammten die Minoer? Um darüber Klarheit zu schaffen, machte sich das Team um den US-Forscher Jeffery Hughey Anfang 2013 daran, der Spur der DNA zu folgen. Dafür sammelten sie Knochenproben aus fast 100 minoischen Skeletten und isolierten daraus die mitochondriale DNA. Dieser in den Kraftwerken der Zelle, den Mitochondrien, enthaltene Teil des Erbguts wird nur über die mütterliche Linie vererbt, er gilt daher als besonders hilfreich bei der Bestimmung von Abstammungslinien.

Blick auf die Hocheben von Lasithi auf Kreta – hier begruben die Minoer ihre Toten in einer Höhle. © Martin Hinner / CC-by-sa 3.0

Einige DNA-Proben stammten aus Gräbern in der Nähe des Palasts von Phaistos, die restlichen entnahmen die Forscher Skelettresten in einer Höhle auf der Lasithi-Hochebene in Zentralkreta. Diese Höhle wurde vermutlich von der ersten Besiedelung Kretas an bis vor rund 3.800 Jahren durchgehend als eine Art Beinhaus genutzt und schließlich verschüttet. Die Wissenschaftler verglichen die DNA-Abfolge der Proben mit denen von insgesamt 135 anderen Populationen aus der ganzen Welt, die sowohl heute lebende Menschen einschlossen als auch Gruppen, die während der Jungsteinzeit sowie der Bronzezeit lebten.

Keine Ägypter

Das Ergebnis der DNA-Analysen war in einer Hinsicht eindeutig: Die Minoer kamen definitiv nicht aus Nordafrika. Denn ihr Erbgut ist dem von steinzeitlichen Bewohnern Südeuropas am ähnlichsten – und hat kaum Gemeinsamkeiten mit dem von Nordafrikanern. Die genetischen Fakten sprechen damit gegen Evans‘ Theorie von Exil-Ägyptern, konstatieren Hughey und seine Kollegen. Eine nordafrikanische Herkunft der Minoer sei so gut wie ausgeschlossen. Und nicht nur das: Auch ein Zustrom von Menschen aus anderen Regionen erst kurz vor dem Erblühen der minoischen Kultur wird nicht von den DNA-Daten unterstützt.

Der in Knossos entdeckte Diskus von Phaistos: Seine Symbole geben noch immer Rätsel auf. © gemeinfrei

„Wir schließen aus unseren Ergebnissen, dass der wahrscheinlichste Ursprung der Minoer auf der Insel selbst liegt – bei den Menschen der Jungsteinzeit, die vor rund 9.000 Jahren als erste die Insel besiedelten“, erklären die Forscher. Diese Menschen entwickelten sich selbstständig so stark weiter, dass ihre Nachkommen ein paar Tausend Jahre später die erste Hochkultur Europas schufen.

Die ersten Kreter kamen aus Anatolien

Die DNA-Daten gaben auch erste Hinweise darauf, woher damals die ersten steinzeitlichen Einwanderer nach Kreta kamen. „Angesichts der Tatsache, dass die ersten neolithischen Einwanderer Kreta just zu der Zeit erreichten, als die ersten Bauern aus Anatolien nach Europa kamen, ist es extrem wahrscheinlich, dass dies auch der Ursprung der ersten Kreter war“, erklären die Forscher.

Anatolien und der fruchtbare Halbmond gelten als Wiege der Landwirtschaft. Dort begannen vermutlich Jäger und Sammler erstmals den revolutionären Wandel ihrer Lebensweise zu sesshaften Bauern. Sie lernten, Getreide zu säen und zu kultivieren und züchteten Haustiere, um sich mit Milch und Fleisch zu versorgen.

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Nadja Podbregar
Stand: 18.07.2014

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Im Reich des Minotaurus
Die Minoer - die erste Hochkultur Europas

Hochkultur im Nirgendwo
Woher kamen die ersten Minoer?

Spurensuche im Erbgut
Was minoische Skelette über ihre Wurzeln verraten

Doppelaxt und Stierkult
Die rätselhafte Religion der Minoer

Die Flotte des Minos
Eine mächtige Seemacht - mit vielen Fragezeichen

Ende einer Großmacht
Was war schuld am Untergang des minoischen Reiches?

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